Abenteuer Camping

Prolog

 

Während ich diese Zeilen schreibe, ist es 6.30 Uhr morgens, draußen geht ein kühler Wind, man hört Brandung auf den Strand auftreffen und Regen leise auf das Dach prasseln. Neben mir zischt leise der Kessel auf dem Gasherd, in dem langsam das Wasser für unseren ersten Morgenkaffee heiß wird. Es ist noch dunkel draußen, der Hund war schon auf seiner ersten Pipirunde, Clemens liegt noch gemütlich lesend im Heckbett, ich sitze in der Sitzgruppe im Fahrerhaus. Uns drei umgeben ca. 16qm Wohnmobil. Was war geschehen?

 

Rückblende – irgendwann im Sommer 2023

 

Clemens: „Nächstes Jahr werde ich 50 – da möchte ich eine besondere Reise mit Dir machen.“

Annika: „Okay, aber ich fahre nicht nach Grönland, nicht nach Spitzbergen und nicht nach Island mit dem Schiff!!“

Clemens: „Hmmm, wie wäre es denn, wenn wir im Wohnmobil durch Norwegen fahren?“ (ist sich sicher, dass Annika den Vorschlag auch sofort ablehnt und sich doch für eines der vorher genannten Reiseziele entscheidet)

Annika: „Das ist doch eine Super Idee! Das machen wir!

Clemens denkt: „Oh nein, was habe ich getan?????“

 

Bevor wir uns aber auf eine mehrwöchige Reise begeben, soll das Ganze mal ausprobiert werden. Und was eignet sich besser für solch einen Versuch als der Spätherbst bei Wind, kalten Temperaturen und norddeutschem Dauerregen. Das dürfte einen guten und realistischen Eindruck geben.

 

Um den Versuch so praxisnah wie möglich zu gestalten mieten wir das Wohnmobil, das auch für die Sommertour in Frage kommt. Ein Waumobil, dass extra für die Reise mit Hund ausgelegt ist. An einem Spätsommertag fahren wir also zur Mietstation in Lübeck, um uns das Ganze mal anzusehen. Der Vermieter ist freundlich, wenn auch etwas chaotisch und so mieten wir das 7,5 m lange Ungetüm für 5 Tage im November…

 

17.11.2023

 

Pünktlich um 12 Uhr lassen wir Kugelschreiber und Skalpell fallen (Ihr dürft Euch aussuchen, wer was in der Hand hatte) und machen uns auf den Weg nach Lübeck. Das Auto ist vollgepackt, die Erwartungen an diese Reise sehr gemischt. Während Annika sich auf ein lustiges Abenteuer freut, ist Clemens eher skeptisch, was die Tour angeht.

 

Trotz Stau kommen wir zur vereinbarten Zeit an und sehen es auch schon: unser mobiles Heim für die nächsten Tage. Der Vermieter sagt uns, dass wir unser Auto direkt neben dem WoMo parken sollen. Aber da ist doch gar kein Platz daneben? „Doch, doch, direkt daneben ist Platz“ – er zeigt auf eine freie Parklücke. Die ist da zwar auch, aber nicht neben dem WoMo, dass wir gemietet haben, sondern neben einem deutlich kleineren Campervan! Fragend schauen wir den guten Mann an. Er schaut zurück – ähnlich fragend…

 

Wie sich rausstellt, hat er beim Buchen des Mobils an bereits besagtem Besichtigungstermin das falsche Fahrzeug in die Buchung aufgenommen. Langsam dämmert allen das Problem. Für uns steht sofort fest, dass wir nicht in einem Van verreisen. Unser Wunschobjekt ist allerdings noch nicht wieder von der letzten Fahrt gereinigt.

 

Nach kurzer Beratung einigen wir uns darauf, dass wir noch ein Stündchen mit dem Hund gassi gehen und der Vermieter in der zeit „unser“ WoMo startklar macht. So ziehen wir im Regen erst einmal von dannen. Da es regnet und ungemütlich ist, fällt die Runde jedoch nicht so groß aus und wir sitzen schnell wieder in Annikas Volvo. Zum Glück hat Annika etwas Kuchen besorgt, den wir eigentlich auf unserem ersten Campingplatz genießen wollten. Nun essen wir ihn eben hier.

Die Fahrt geht zum ca. 80km entfernte "Ostseecamping Ferienpark Zierow". Hier haben wir einen Platz direkt am Wasser vorgebucht. In der Buchungsbestätigung steht, dass wir nicht nach 19 Uhr anreisen können. Das schaffen wir! Um halb sieben erreichen wir den Platz. Die Rezeption ist dunkel: „Öffnungszeit von 8 bis 18 Uhr“. Na tolle Wurst. Und nun?

 

Zu unserem großen Glück kommen gerade zwei Mitarbeiterinnen um die Ecke, die gerade Feierabend machen wollen. Sie können uns weiterhelfen, unsere Unterlagen sind draußen hinterlegt, und sie erklären uns auch den Weg zu unserem Platz. Ein sehr freundlicher Empfang!

 

Eine Sache gibt es doch, die Clemens von der Sinnhaftigkeit einer solchen Fahrt überzeugen kann: Es gibt ausreichend heiße Duschen – die haben wir zu Hause derzeit nämlich nicht, da unsere Heizung seit mehreren Tagen die Arbeit verweigern. Also sind wir froh anzukommen. Annika, weil die Fahrt vorbei ist und wir uns im Gefährt einrichten können, Clemens, weil die Dusche lockt.

 

Im Anschluss gibt es Abendessen (Nudeln mit Napoli-Soße aus dem Glas) und den Rest Kuchen. Nicht schlecht für den Anfang. Danach noch etwas gemütlich Beisammensitzen und rein in die Kojen, die deutlich besser sind als erwartet. Nur der Regen, der auf unser Dach prasselt ist noch etwas gewöhnungsbedürftig. Mal sehen, was uns nach Sonnenaufgang so erwartet. (Angeblich soll 50 m vor unserem Auto die Ostseeplätschern).

18.11.2023

 

Es ist 6.30 Uhr morgens, draußen geht ein kühler Wind, man hört Brandung auf den Strand auftreffen und Regen leise auf das Dach prasseln. Neben mir zischt leise der Kessel auf dem Gasherd, in dem langsam das Wasser für unseren ersten Morgenkaffee heiß wird. Es ist noch dunkel draußen, der Hund war schon auf seiner ersten Pipirunde, Clemens liegt noch gemütlich lesend im Heckbett, ich sitze in der Sitzgruppe im Fahrerhaus.

 

Die Nacht war überraschend gemütlich, wenn auch ein bisschen warm. Dies kommt zum einen von der Heizung, an die wir uns erst einmal herantasten müssen, zum anderen vom Hund, der sich abwechselnd eng an Annika und Clemens gekuschelt hat. So ganz geheuer scheint ihm die Sache noch nicht, zumal er zwar gut ins Bett hineingesprungen kommt aber nicht alleine wieder raus darf (es ist zu hoch) und immer auf den Trageservice von Annika warten muss.

 

Nach einer kurzen Runde zum Sanitärgebäude (wenn die Duschen hier funktionieren, muss man sie auch ausnutzen) gibt es erstmal etwas Frühstück. Für die Herausforderung Toastbrot mittels eines Drahtgestells in der Pfanne zu toasten brauchen wir etwas Zeit. Das 5-teilige Kochtopfset (platzsparend ineinandergesteckt) wieder zusammenzubauen schafft Annika aber inzwischen in Rekordzeit. Naja, als Teil der Generation Tetris hat man wohl auch ein stabiles Basiswissen).

Dann wird gepackt und alles fahrsicher verstaut, bevor es zur nächsten Etappe geht. Der Zingst ruft. Hier gibt es einen winteroffenen Campingplatz, der alles zu haben scheint, was man braucht. Also nichts wie hin. Rd 140 Km und zwei Stunden später sind wir da. Die geplante Pause in Wismar fällt allerdings der nicht erfolgreichen Parkplatzsuche zum Opfer. Dann gibt es das Fischbrötchen eben am Zielort. Hier kennt sich Clemens noch etwas aus, da er vor gerade mal vier Wochen zusammen mit Tim eine Fototour hierher gemacht hat und eine schöne Woche verbracht hat. 

 

Das Wetter ist überraschend gut und wir gehen die knapp 2 Km in den Ort bis zur Seebrücke und schlendern anschließend noch etwas durch die Gassen. Für den Nachmittag nehmen wir noch etwas Kuchen mit. Clemens kauft und Annika übernimmt das Tragen. Vielleicht hätte ersterer andeuten sollen, dass es sich z.T. um Sahneschnitten handelt. Nach Ankunft beim Mobil gibt es also Kaffee und Kuchenmix. Trotzdem sehr lecker.

Zum Abendessen sichern wir noch einmal alles Bewegliche und fahren nach Prerow. Hier steuern wir Clemens und Tims Stamminder an (in unmittelbarer Nähe zum damals bezogenen Ferienhaus). Während Clemens Hühnersuppe und Chicken Jahlfrezi in ordentlicher Schärfe genießt, ist Annika leider weniger begeistert. (u.a. zu scharf – auch wenn Clemens behauptet, dass das nicht geht). Dafür entschädigt das Trennungsgespräch am Nebentisch – dem wir selbstverständlich lauschen - auch nur ein bisschen. 

Dann geht es zurück zum Stellplatz, schnell alles wieder anschließen (es hat eben Vor- und Nachteile, wenn man immer in seinem „Haus“ unterwegs ist) und dann ruft auch schon die Koje wieder.

 

Der Hund wird noch nicht so richtig warm mit der ganzen Sache. Die Hundebox, die um einiges größer ist als die, in der er sonst mitfährt, findet er doof. Nützt während der fahrt nur leider nix, da muss er dann durch. Dafür ist das allnächtliche Kuscheln mit uns im Bett ganz nach seinem Geschmack. Irgendwie bekommen wir es schon hin, dass auch er sich vollkommen wohl fühlt und sich auf die gemeinsame große Tour im nächsten Jahr freuen kann!

 

Für heute aber erst einmal: GUTE NACHT!

19.11.2023

 

Wir müssen verarmt sein. Anders kann ich es mir nicht erklären! Naja, eigentlich kann es mir ja egal sein. Hauptsache, ich bekomme genug zu Essen und ausreichend Kuscheleinheiten. Aber ein bisschen tun mir meine Menschen schon leid, dass sie nun im Auto leben müssen. Und ich vermisse auch ein bisschen unser schönes Haus und den Garten. Nur dass hier keine Katzen sind, mit denen ich meine Aufmerksamkeit teilen muss, finde ich ganz gut.

 

So gaaaanz langsam gewöhne ich mich auch daran, dass ich beim Fahren nun so weit von Papa und Mama weg sitzen muss. Am ersten Tag hatte ich ganz schön Schiss, weil es da ja auch schon dunkel war, als ich in die Box musste. Heute finde ich die eigentlich ganz komfortabel. Da steht meine Wassernapf und mein Futternapf und ab und zu liegen da auch Kauknochen drin. Und ich habe ein eigenes Fenster zum bewachen. Und eine eigene Treppe zum Ein- und Aussteigen.

 

Trotzdem kuschele ich lieber mit meinen Eltern im Bett. Und dass tue ich heute besonders ausgiebig, weil es nämlich draußen sehr lange und sehr viel regnet. Und trotzdem finde ich keine neuen Spielgefährten – obwohl es doch heißt, es regne Hunde und Katzen. Auch egal, mehr Platz für mich!

 

Ein bisschen mache ich mir ja sorgen, dass meine Menschen krank sein könnten. Sie gehen nämlich immer mal wieder weg zum Sanitätsgebäude. Warum die da Handtücher und Duschbad mitnehmen, weiß ich aber nicht.

Irgendwann hört der Regen dann aber doch mal auf und wir machen einen Spaziergang. Die Gegend hier ist schon ganz spannend. Viel Wald mit tausend Gerüchen und am Wegesrand ist alles aufgewühlt. Da riecht es auch besonders gut. Die Alten sagen, dass die Spuren von Wildschweinen kommen und das ich die eher nicht treffen möchte. Wenn sie denn meinen…

Später setzt dann wieder Regen ein und wir machen es uns wieder gemütlich. Morgen geht es dann schon wieder an einen neuen Ort. Krakow. Klingt irgendwie nach Bratwurst, also gar nicht so schlecht. Mal sehen, was ich da erleben darf….  

20.11.2023

 

Unsere letzte Etappe ist der Campingpark Kühlungsborn. Also verstauen wir nach dem Frühstück unsere Sachen wieder ordentlich in den Schränken (so langsam bekommen wir Routine rein) und verlassen den Darß wieder Richtung Westen. Einen Stopp haben wir in Nienhagen geplant, wo wir den „Gespensterwald“ erkunden und fotografieren möchten. 

Allerdings erweist sich die Parkplatzsuche für unser Sieben-Meter-Vierzig-Geschleuder in dem engen Ort als aussichtslos. Clemens geht auf eine kleine Erkundungstour, ob es nicht vielleicht doch irgendwo eine Abstellmöglichkeit gibt, hat aber leider keinen Erfolg. Allerdings bring er uns Fischbrötchen mit, die wir verspeisen, bevor wir zum Campingplatz weiterfahren.

Der Platz in Kühlungsborn ist riesig – obwohl 2/3 saisonbedingt noch nicht einmal geöffnet sind. Wir nehmen einen Platz direkt am Wasser (wenn auch nicht mit Blick auf selbiges) und richten uns wieder einmal häuslich ein. Mittlerweile haben sich Routinen (Wagen ausrichten, Strom anschließen, Frischwasser auffüllen…) gebildet und auch das Rückwärtsrangieren klappt zunehmend besser. 

Dann geht es auf eine kleine Erkundungstour an den Strand. Der Weg dorthin führt durch einen ähnlichen Waldweg, wie auch der „Gespensterwald“ wenige Kilometer weiter. Wir beschließen noch einem später mit den Kameras hier her zu kommen. Aber erst einmal soll der Hund auf seine Kosten kommen und darf am Stand ein bisschen wilde Sau spielen. Da erträgt er auch tapfer die anschließende Dusche, um den ganzen Sand wieder los zu werden.

Im WoMo gibt es dann ein verspätetes Mittagessen (Restnudeln mit Resteiern und Restkäse gebraten) und eine kleine Siesta. Aber als das Licht immer weniger wird, brechen wir dann zum Fotoshooting auf. Clemens Objekte der Begierde sind die Wasservögel am Strand, Annika möchte den Hund zwischen den krummen Bäumen fotografieren. Gesagt – getan! Die Resultate seht Ihr hier:

Den letzten Abend lassen wir ruhig ausklingen mit Pizza vom Campingplatzitaliener und gemütlichem Fernsehen im Bett. Irgendwie ist dieser Probeurlaub doch auch ein bisschen anstrengend und vielleicht sind wir auch ein kleines bisschen wehmütig, weil wir morgen das WoMo wieder abgeben müssen. Wir sind uns jedenfalls sicher, dass wir das Abenteuer „Camping in Norwegen“ im nächsten Jahr starten wollen.

21.11.2023

 

Abreise. Nach dem wir noch einmal die Annehmlichkeiten einer warmen Dusche genossen haben – wer weiß, ob unsere Therme daheim wieder läuft -, packen wir ein letztes Mal unsere Sachen und machen das WoMo übergabebereit (Chemietoilette entsorgen, Grauwasser ablassen, durchfegen…).

 

Annika hat in der Park4Night App doch noch einen geeigneten Parkplatz in Wismar gefunden und so freuen wir uns noch auf einen kleinen Stadtbummel und vielleicht ein Mittagessen im Brauhaus, bevor es endgültig nach Lübeck geht.

 

Wir finden den Platz schnell – und ebenso das Schild „Am 21.11.2023 von 6°° Uhr bis 18°° Uhr gesperrt“. Danke für nichts! Die nächste Tour nach Wismar wird also wieder mit einem PKW stattfinden.

 

Mit knurrenden Mägen fahren also ohne weiteren Zwischenstopp nach Lübeck. Die Übergabe ist problemlos und wir buchen das Waumobil gleich für nächstes Jahr. Denn wie heißt es in der VOX-Reihe doch so schön? „Einmal Camping, immer Camping“ !

 

Epilog

 

Der geneigte Leser mag sich Fragen, ob wir denn wieder warmes Wasser und eine funktionierende Heizung beim Eintreffen in Roikier vorgefunden haben. Die ernüchternde Antwort lautet NEIN. Ob und wann die Therme repariert wird, ist aber eine andere Geschichte… 

ENDE

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