Mit dem Camper durch Scandinavien

18.05.2024

Endlich! Der lange geplante und sehnlichst erwartete Urlaub ist da. Und was für einer! Wir haben uns ein WAU-Mobil gemietet (dasselbe, mit dem wir schon im vergangenen November einen Testurlaub gemacht haben) und wollen damit drei Wochen durch Schweden und Norwegen touren.

Aber damit es dann auch wirklich losgehen kann, müssen wir das gute Stück erst einmal von der Mietstation in Lübeck abholen.

 

So klingelt also unser Wecker um 7.30 Uhr, dann werfen wir den Hund bei Oma und Opa Flensburg ab und düsen mit dem Volvo durch den Pfingstreiseverkehr nach Süden. So wirkliche Urlaubsstimmung will noch nicht aufkommen, scheint es doch noch zu unwirklich, dass wir die kommenden Wochen zu dritt auf 12 m² verbringen werden.

 

Ein bisschen ändert sich das, als wir tatsächlich in „unsrem“ WAU-Mobil sitzen und wieder die Heimreise antreten. Wir machen einen kurzen Stopp bei Oma und Opa Schleswig, holen dann den Hund aus seinem Spieleparadies ab und sind gegen 17 Uhr wieder in Roikier, wo die richtige Arbeit erst beginnt: das strategische Einräumen.

 

James findet das ganze überhaupt nicht lustig, rennt die ganze Zeit zwischen unseren Füßen umher und macht sekündlich deutlich, dass wir ihn auf gar keinen Fall vergessen dürfen! Ihn und Beate (sein Kauspielzeug, dass an ein Erwachsenenspielzeug von Beate Uhse erinnert)! Ihn Beate und seinen Ball! Ihn, Beate, seinen Ball und ein Stöckchen! Ihn Beate, seinen Ball, ein Stöckchen und noch ein anderes Stöckchen… Irgendwann türmen sich seine Spielzeuge vor der Campertür und wir müssen aufpassen, dass wir nicht ständig stolpern. Beate und der Ball werden natürlich eingepackt, die Stöckchen bekommen indes Camperverbot.

Gegen 22 Uhr ist endlich alles so verstaut, dass nichts mehr rutscht und rüttelt und wir am morgigen tag einfach nur noch vom Bett in die Fahrerkabine fallen müssen.

Hoffentlich können wir überhaupt schlafen vor Aufregung…

19.05.2024 Pfingstsonntag

Es ist wieder 7.30 Uhr. Die Nacht war unruhig und zu kurz, aber es nützt nichts, wir brechen auf. Natürlich ist uns nachts noch die eine oder andere Sache eingefallen, die auch noch mitmuss und so kommen wir doch erst um 8.50 Uhr los…

 

Die Fahrt ist wie erwartet langweilig. Die Dänische Autobahn ist uns hinlänglich vertraut und somit als lästiges Pflichtprogramm anzusehen. Immerhin ist das Wetter fantastisch.

Das Mobil, in Zukunft hier nur noch als „Wauzi“ bezeichnet, fährt sich sehr angenehm und da auf den Skandinavischen Straßen ohnehin ein Tempolimit gilt, bei dem der nicht gerade leistungsstarke Motor nicht weiter auffällt, gleiten wir in angenehmer Reisegeschwindigkeit dahin. Und auch James hat sich mit der Fahrsituation schnell arrangiert und schlummert seelig in seiner Box, seine Beate neben sich.

Eine liebgewonnene Tradition ist der Stopp am letzten Rastplatz vor der Storebæltbrücke. Hier vertreten wir uns kurz die Beine, entleeren unsere Blasen und nehmen ein kleines Mittagessen in Form eines Hotdogs zu uns – alle bekommen was ab.

 

Außerdem beschließen wir, wenn wir in Schweden sind, irgendwo am Wasser ein kleines Picknick zu machen. Diese Aussicht lässt uns Sjælland schnell hinter uns bringen – so schnell wie es eben geht – und überqueren die Öresundbrücke. Das Meer glitzert, es ist annähernd windstill und auf dem Wasser sind zahlreiche kleine, große und riesige Boote unterwegs. Ein Traumwetter.

Als Picknickort haben wir uns einen Platz etwas nördlich von Malmö ausgeschaut. Dank der Campingapp finden wir einen wauzigerechten Parkplatz direkt am Wasser, wo wir uns einen Kaffee kochen, die mitgebrachten Schokocroissants schnappen und uns direkt an die Wasserkante fläzen – mit Blich auf Malmö, Kopenhagen und die Öresundbrücke.

Es ist so herrlich hier, dass wie eigentlich gar nicht weiterfahren wollen. Nach den anstrengen letzten Tagen und der Fahrt tritt nun die Entspannung ein. Eigentlich war der Plan, bis nach Halmstad zu fahren und dort auf einem Stellplatz in der Stadt zu übernachten, aber wir sehnen uns beide in diesem Augenblick mehr nach Natur und Ruhe. So machen wir einen Campingplatz in Torekov ausfindig, bei dem wir unser Glück versuchen wollen. Auf dem Weg erledigen wir noch einen schnellen Einkauf, denn etwas Abendessen muss ja auch noch sein.

Es klappt, wir bekommen einen schönen ruhigen Platz umgeben von Büschen und Bäumen, ca. 200m vom Meer entfernt. Es sind noch einige andere Camper da – mehr als wir zu dieser Jahreszeit erwartet hätten – aber man hat ausreichend Platz und Privatsphäre. Die Sanitäranlagen sind einfach aber sauber und gegen 30€ all inklusiv kann man wirklich nichts sagen.

Schnell richten wir uns häuslich ein und erkunden dann etwas die Umgebung. Mit einem beherzten Sprung in die Ostsee signalisiert uns James, dass auch er mit der Platzwahl mehr als zufrieden ist.

Das Abendessen fällt schlicht aus. Clemens zaubert Nudeln mit Tomatensoße, zu etwas aufwendigerem habe wir einfach keine Lust mehr. Da es weiterhin sehr mild ist, essen wir natürlich unter freien Himmel. Wir sind ja schließlich Camper!

Die goldene Stunde nutzen wir dann aber doch noch aus, um ein bisschen Kitsch zu produzieren. Auch die Planung für das morgige Reiseziel steht noch an. Es soll in den Nationalpark Kosterhavet (Schärengaten) gehen. Mögliche Campingplätze haben wir uns auch schon ausgeguckt. Und dann fallen wir erschöpft in unsere Betten. Es war ein langer aber schöner Tag – der erste von vielen, die hoffentlich noch folgen!

20.05.2024

Morgens um 6 wecken uns die Vögel. Neben dem Hausrotschwanz sind eine Reihe von Arten vertreten. Angetan hat es uns besonders eine Amsel, die ein sehr breites, wenn auch nicht immer melodisches Repertoire zu bieten hat. Da wir den Platz erst um 12 verlassen müssen gehen wir es ruhig an. Ausgiebiges Frühstück, Abwasch und Zusammenpacken. Es geht inzwischen zwar etwas schneller, aber so ganz haben sich die Routinen noch nicht eingestellt.

Gegen 11:00 Uhr geht es dann los. Hinauf in den Schärengarten und ins Naturschutzgebiet Kosterhavet. Zunächst müssen wir an Göteborg vorbei, was erstaunlich reibungslos klappt. Zwischendurch machen wir Pause und essen den Rest Nudeln (die Clemens gepimpt hat – mit Sahne, Streukäse und Ködbollern – halt dem, was der Kühlschrank so hergibt). Sehr Lecker!

Zu unserer großen Freude ist die E6, die uns schnell zu unserem Ziel bringen sollte, an mehreren Stellen gesperrt, so dass wir auf kleinere Straßen Ausweichen müssen. Mit der Organisation von Baustellen und Umleitungen haben die es in Schweden nicht so. Bald schon stehen wir im Stau und brauchen sehr viel Zeit für die übrige Strecke. Im Schritttempo geht es zwischen zahllosen Lastern durch die Landschaft. Es geht so langsam, dass wir beim Campingplatz in Fjällbacka anrufen, um zu erfahren, was zu tun wäre, wenn wir nach 18 Uhr einträfen. Die Betreiberin verspricht schließlich auf uns zu warten. Dann geht aber doch alles etwas schneller und ein paar Minuten vor 18 Uhr rollen wir auf den Platz. Nach dem Tag, den wir fast ausschließlich auf der Straße verbracht haben (7 Stunden für rd. 300 Km) beschließen wir zwei Nächte zu bleiben und uns gründlich umzusehen. Die Schären dürften auch für das ein oder andere Fotomotiv gut sein und der Platz ist auch ganz ordentlich. Ein offener, ordentlicher Platz, der nichts zu wünschen übriglässt. Wenn auch nicht ganz so gemütlich wie der Platz in der Nacht zuvor. Dafür zeigt sich das Wetter von der schönsten Seite. Blauer Himmel, knapp 25 Grad und kaum Wind.

Schnell bauen wir uns auf und machen uns klar für eine Wanderung in den Ort, da wir noch fürs Abendessen einkaufen müssen. Ein wirklich schöner Ort mit einem 74 m hohen Felsmassiv in der Ortsmitte. Ansonsten reihen sich die Häuser am Wasser und am Hang. Sehr pittoresk, aber auch ein ständiger Wechsel zwischen Steigungen und Gefällen. Es gefällt uns aber trotzdem. Nach den rd. 2 Km kommen wir zum örtlichen Coop, der ein deutlich schlechteres Angebot hat als die ICA`s bei denen wir sonst immer einkaufen. Die gibt es hier aber nicht und mit dem Wohnmobil können wir auch nicht mal eben in den Nachbarort fahren. Also nehmen wir, was wir kriegen können. Es gibt Spareribs mit Brötchen und Salat. Sehr lecker und das draußen sitzen ist auch wirklich schön – wären da nicht 2.000.000 Mücken, die uns verspeisen wollen. Nach dem Essen noch ein kurzes Spiel und dann geht es schnell wieder ins schützende Wohnmobil und noch ein paar Seiten Lesen. Ein anstrengender Tag geht zu Ende und wir sind gespannt, was Morgen auf uns wartet.

21.05.2024

Wir wachen wieder recht früh auf. Auf dem Campingplatzt regt sich noch kein anderer Mitcamper. Unser Vorurteil, dass Camper Frühaufsteher sind, schmilzt dahin. Umso mehr wundern wir uns aber darüber, dass wir selbst so früh unterwegs sind. Annika dreht mit James eine kleine Runde zur Rezeption, um rauszufinden, ob man dort frische Brötchen bekommt – nein, bekommt man nicht. So müssen dann doch die Aufbackbrötchen herhalten. Also dann noch einen kleinen Abstecher zum platzeigenen Strand und dann schnell wieder zum Wauzi. Kaffeedurst und Frühstückshunger treiben sie an.

 

Nach dem gemütlichen Frühstück gehen wir alle drei noch einmal gemeinsam an den Strand. Clemens möchte ein bisschen Locationscouting betreiben. Schließlich soll heute Abend ein erstes Video zum Thema Sonnenuntergang in den Schären gedreht werden.

 

Nach der kleinen Runde über die Schären, Vorbei an blühenden Blumen und singenden Vögeln beschließen wir eine kleine Mittagspause einzulegen. Die langen Strecken der vergangenen Tage waren anstrengend und die recht hohen Temperaturen von 24°C tun ihr übriges. Auch fehlt uns beiden noch etwas Nachtschlaf der vergangenen Nächte. Annika wählt den Liegestuhl, Clemens die Matratze im Wauzi. Jeder bewaffnet mit einem Buch gehen wir die Pause an.

 

Am frühen Abend geht es dann noch mal nach Hamburgsund, um ein paar Zutaten zum Abendessen zu besorgen. Es gibt Geschnetzeltes mit verschiedenen Pilzen, Reis und Salat dazu. Sehr lecker.

Nach dem Essen wird noch kurz abgewaschen und dann geht es auch schon los. Der Plan ist den Sonnenaufgang einzufangen und noch ein paar Pflanzen in Abendlicht zu rücken. Annika hat das 15-35mm dabei, Clemens setzt auf 24-70mm. Dabei sind natürlich auch ND-Filter und Stative, damit der Sonnenuntergang mit einer Langzeitbelichtung eingefangen werden kann.

 

Dann geht alles ganz schnell. Im nu ist die Sonne untergegangen und die Blaue Stunde beginnt. Wir haben das im Kasten, was wir uns vorgenommen haben (vielleicht auch einen Tick mehr) und gehen zufrieden nach Hause. Auch heute wartet die hungrige Mückenschaar wieder auf uns, so dass wir uns bald in unser Wauzi verziehen. Es sollen ja noch Bilder heruntergeladen und angeschaut werden.

 

Morgen ist ein neuer Tag und wir beschließen früh loszufahren, um gegen Mittag beim Autofriedhof in Båstnäs anzukommen. Check-Out ist ab 9 und das nehmen wir uns dann auch vor.

22.05.2024

 

Wir lassen es also entspannt angehen und stehen trotzdem früh auf. Clemens begibt sich schon gegen 6 auf den Weg zu den Duschen und macht sich schnell noch auf den Weg an den Strand, um das gute Morgenlicht zu nutzen. Annika steht kurze Zeit später auch auf und bereitet den ersten Kaffee. Den gibt es denn zusammen mit einem leckeren Frühstück. Hinterher packen wir flugs zusammen und wundern uns, wie schnell und leicht es uns von der Hand geht alles so zu verstauen, dass wir kein Mikado spielen.

 

Fast nach Plan kommen wir gegen 09:30 Uhr los. Die Fahrt führt uns über die E6 nach Norwegen und dann in einem Schlenker über Halden wieder nach Schweden. Besonders letzterer Grenzübergang ist schon beachtlich. Ein Handgeschriebener Zettel weist nach Schweden und auf dem Waldweg ist eine Kameraüberwachung installiert.

Leider führt der Weg nicht nur über eine Grenze, sondern über knapp 20 Km Schotterpiste, die es kaum zulassen mehr als 20 Km/h zu fahren. Also dauert der Weg doch länger als erwartet.

 

Der Autofriedhof in Båstnäs ist tatsächlich sehr beeindruckend. Rund 1000 Fahrzeuge fristen ihr Dasein im Wald und rotten langsam vor sich hin. Anders als in Tingsryd handelt es sich hierbei nicht um eine alte Werkstatt mit Teileverwertung, sondern um einen Schrottplatz. Die Fahrzeuge sind teils meterhoch gestapelt und kaum noch zu erkennen. Andere sind noch etwas besser in Schuss, aber außer Details lässt sich nicht viel fotografieren. Wir geben dennoch unser Bestes, haben wir doch einen langen Umweg in Kauf genommen. Nach rund zwei Stunden ziehen wir weiter wieder Richtung Norwegen. 

Ziel ist heute der Campingplatz von Thorrud. Vorher schauen wir noch schnell bei Spar vorbei, um unser Abendessen zu besorgen. Da wir heute Tagsüber die Reste von Gestern gegessen haben, gibt es eine Tütensuppe der Firma Tolo. (Hab ich bisher nur in Norwegen gesehen, schmeckt aber richtig gut, wenn man sie noch etwas verfeinert).

 

Der Campingplatz ist ordentlich, unser Platz schön und auch die Sanitären Einrichtungen lassen keine Wünsche offen. Nach dem Essen gibt’s noch eine kleine Runde an den See und dann – verfolgt von tausenden Mücken – geht es wieder ins Wauzi. 

Erkenntnis des Tages ist allerdings, dass wir bisher viel zu viel Zeit auf der Straße verbracht haben. Da bei soll ja das Fotografieren im Vordergrund stehen. Wir werden unsere Streckenplanung wohl noch mal überdenken müssen. Jetzt wird aber erstmal geschlafen!

23.05.2024

Annika wird sanft von der strahlenden Sonne und dem eifrigen Vogelgezwitscher geweckt. Clemens und James neben ihr schlummern noch seelig – es sei ihnen gegönnt. Soll sie schon mal Kaffee kochen? Ein bisschen müde ist sie ja noch und da kann ein bisschen Koffein nicht schaden. Dann der Blick auf die Uhr: es ist 3.40 Uhr!!! Also nochmal Augen zu und weiter schlafen…

 

Wir stehen dann um 7.30 auf – wieder sind wir die ersten auf dem Platz. Unser heutiges Ziel ist Åmot und als Zwischenstopp planen wir den Garvannsfossen ein. Dort soll endlich mal das Filtersystem ausgepackt und der Wasserfall ausgiebig auf den Sensor gebannt werden. Insgesamt gibt uns Google Maps eine Fahrzeit von etwa 3 Stunden aus. Das ist doch gut machbar.

 

Die Strecke ist mäßig spannend, es geht auf und ab durch kleine Dörfchen und endlich erreichen wir den Wanderparkplatz. Von dort soll es nur gut ein Kilometer sein, biss man an den Wasserfall kommt – also frisch ans Werk. Die Rucksäcke geschultert und die Stative umgeschnürt wandern wir los, die erste Strecke geht auf einem Schotterweg unter einer Bahnstrecke entlang bis zu einem Fluss. Von da an geht es immer am Wasser entlang plötzlich steil bergauf, über Stock und Stein und wir kommen schnell aus der Puste (bis auf James natürlich). Die 25°C und die brennende Sonne sind bei dem Aufstieg nicht gerade förderlich. Aber dann sind wir endlich am Ort des Geschehens.

 

Wir dürfen feststellen, der Aufstieg hat sich gelohnt! Der Wasserfall ist zwar nicht riesig, dafür aber mehr als fotogen. Clemens spielt mit vielen Blickwinkeln und Filtern und auch Annika versucht sich mehr oder weniger an der Landschaft. Und auch James darf mal wieder modeln. Nur die krasse Mittagsonne stellt eine größere Herausforderung dar. 

2 Stunden verbringen wir dort, dann treten wir den Rückweg an. Es soll weiter zum nächsten Campingplatz gehen und es sind ja auch nur 1,5 Std. Fahrtzeit.

 

Was Annika in all ihren Planungen nicht bedacht hat: Google Maps ist zwar ein Navigationsprogramm, allerdings kann man es nicht wirklich an seine Bedürfnisse anpassen. Die Folge: Nach 10km stehen wir vor einer Eisenbahnbrücke, deren Durchfahrtshöhe auf 2,6m beschränkt ist. Wauzi ist 2,95m hoch. Wenn wir also nicht mit einem Cabriocamper weiterfahren wollen, heißt es an dieser Stelle umdrehen und einen Großteil des Weges wieder zurück fahren… 

Der ganze Spaß bringt uns noch weitere 2 Extrastunden Fahrzeit ein und wieder kommen wir erst gegen 18 Uhr am Campingplatz an. Wir sind ordentlich geschafft von der Fahrt, trotzdem bietet Clemens heldenhaft an, die 500m zum SPAR zu laufen und Abendessen zu besorgen. Die 500m alleine sind nicht das Problem, die fiese Steigung vom Supermarkt zurück allerdings schon. Als Dank kocht Annika eine deftige Bolognese zum Abendessen. 

Während wir draußen essen, zieht der Himmel immer weiter zu. Bei den ersten dicken tropfen packen wir draußen alles schnell zusammen und sind gerade noch rechtzeitig im gemütlichen Camper, als draußen das Gewitter mit Starkregen und Hagel losgeht. Wir machen drei Kreuze, dass James keine Gewitterangst hat, sondern tief und fest unter dem Tisch schläft.

Es dauert nicht mehr lange und uns fallen auch die Augen zu. Beim monotonen prasseln des Regens schlafen wir ein.

 

24.05.2024

Am Morgen nieselt es nur noch ein ganz klein wenig und wir können die am Vortag bestellten Brötchen draußen essen. Und dann geht es auch schon weiter. Um nicht noch einmal aus Unwissenheit so einen Umweg wie am Vortag fahren zu müssen, besorgt sich Annika eine neue App, die extra für Wohnmobile, LKWs und Co. entwickelt wurde. Die berücksichtigt bei der Streckenplanung nicht nur Höhe und Breite von Wauzi, sondern schätzt die Fahrzeit auch wesentlich realistischer ein.

Wir fahren auf der E 134 weiter gen Westen durch die nördlichen Ausläufer des Hardangervidda, die größte Hochebene Europas. Die heutige Strecke führt uns rund 100km nach Røldal vorbei an grünen Tälern mit beeindruckenden Wasserfällen, tief hängende Wolken verbreiten dabei eine einzigartige Lichtstimmung. Immer weiter schraubt sich die Straße dann nach oben, durch diverse Tunnel, bis wir schlussendlich auf 1000m Höhe ankommen und um uns herum Schnee und Wolken die Landschaft dominieren. Hatten wir nicht bis gestern Abend noch 25°C???? Und nun stehen wir mit beiden Beinen und vier Pfoten im Schnee… 

An mehreren Stellen halten wir an, machen Fotos und James tobt ausgiebig über die Schneefelder. An einer besonders einsamen Stelle machen wir ein Picknick und lassen die Drohne steigen. Clemens fotografiert auch noch einen Steinschmätzer und eine Ringdrossel mit dem großen Tele. Wenn uns nicht langsam kalt würde, würden wir sicherlich jetzt noch da sitzen und in diese unwirkliche Landschaft starren.

Aber der Tag ist ja noch nicht vorbei und die letzten 15km bis zum Campingplatz sind ein Klacks. Und wir haben richtig Glück. Wir ergattern gerade noch einen der letzten Stellplätze (der Campingplatz ist sehr klein). Andere nach uns müssen reihenweise wieder umdrehen und weiterfahren.

 

Wir haben mittlerweile unsere Routinen: kontrollieren, ob wir geradestehen, Strom anschließen, Gas aufdrehen, Tisch und Stühle raus, Markise raus – alles geht ratz fatz, so dass wir uns schnell eine kleine (Nach)Mittagsstunde gönnen können. Clemens und James legen sich etwas hin, Annika schreibt an diesem Tagebuch weiter. Mittlerweile hat es wieder komplett aufgeklart und die Sonne strahlt erneut vom fast wolkenlosen Himmel.

 

Daher gehen wir nach der Siesta zur Stabkirche, die sich nur 200m neben dem Campingplatz befindet, und machen dort ein paar Fotos. Leider sind wir etwas zu spät, da man nur bis 16 Uhr hineinkommt. Aber auch von außen – besonders vor dem schneebedeckten Bergpanorama – gibt sie sich sehr pittoresk. Ohnehin ist die Lage vom Campingplatz wunderschön. Wir blicken auf grüne Berghänge, durchzogen mit weißen Schneeresten und diversen Wasserfällen. Man kann es schlechter haben!

Wieder zurück wird gekocht. Heute feiern wir eine Premiere, denn Annika möchte ihren (Nicht)Omniabackofen ausprobieren und Ofengemüse mit Fleischbällchen und Feta zubereiten. Es ist ein ziemliches Experiment, da sowohl Zubereitungsart und -menge als auch Garzeit nur erahnt werden können. Dafür schmeckt es aber erstaunlich gut – wenn auch deutlich später als ursprünglich geplant. Und für morgen reicht es auch noch.

Clemens übernimmt danach erst den Abwasch und macht sich dann nochmal mit seiner Kamera zu einer kleinen Erkundungstour durch das nahegelegene Tal auf. Beeindruckende Wasserfälle strömen die Hänge herab und die schneebedeckten Berge werden von der Sonne beschienen und präsentieren sich in einem zarten Rosa. 

Und dann ist es plötzlich auch schon wieder 23.30 Uhr und unser Bettchen ruft sehr laut nach uns. Und da wir artige Menschen sind, gehorchen wir natürlich!

25. Mai 2024

 

Ausnahmsweise wachen wir mal nicht so früh auf. Es ist deutlich nach 8 als wir aufwachen. Um uns herum ist schon große Aufbruchstimmung, von der wir uns mitreißen lassen. Deshalb überspringen wir das Frühstück, packen zusammen und machen los in Richtung Sunndal. Zunächst führt uns der Weg über einen Pass in sehr schneereiche Gebiete. Nach kurzem Weg passieren wir dann auch schon den Låtefossen, einen beeindruckenden Wasserfall, der in zwei Strängen vom Berg fließt und dann umgeben von viel Gischt unter der Fahrbahn in einen Fluss fließt. Sehr beeindruckend, aber kaum vernünftig zu fotografieren. Wir probieren es natürlich trotzdem, nicht zuletzt, um hier unsere Eindrücke wiedergegeben zu haben. Beeindruckend im übrigen auch der Souvenirshop direkt neben dem Wasserfall. 

So langsam meldet sich dann doch der Frühstückhunger und wir finden einen Rastplatz, an dem es ein Picknick geben soll. Allerdings fällt uns dabei auf, dass die Routine mit dem Packen an diesem Morgen nur so Semi-Gut geklappt hat. Unser Tritt, der als Ein- und Ausstiegshilfe dient, ist unauffindbar und steht wohl noch in Røldal auf dem Campingplatz. Da wir jedoch keine Lust haben den gesamten Weg wieder zurückzufahren, geht es weiter nach Odda, wo wir einen sehr teuren, wenn auch nicht so schönen neuen Tritt erstehen. Nun kann auch Annika wieder problemlos einsteigen…

Es folgt ein etwas ausführlicher Einkauf und wir beschließen die verbleibenden 15 Km zurückzulegen und uns auf dem Campingplatz in Sunndal einzurichten. Dort gibt es dann erstmal die restlichen Spaghetti und eine Spargelcremesuppe der Firma Tolo.)

 

Das Licht ist zu grell, um zu fotografieren und die Sonne brennt ordentlich von oben. Deshalb beschließen wir, dass wir einen ruhigen Tag verdient haben, zumal Clemens Rücken nicht so richtig mitspielen will. Also Liegestühle ausgepackt und beim Lesen die fantastische Aussicht genossen. 

Zum Abendessen gibt es gegrillte Koteletts die Annika vorher mariniert hat und Kartoffelsalat von Xtra. 

Morgen soll es weitergehen nach Voss, rund 120 Km von hier. Die Strecke führt entlang des Hardangerfjords und sieht sehr vielversprechend aus!  

 

26.05.2024

Die erste Woche 12m² Wauzi ist vorbei und wir haben bisher noch nicht an Scheidung gedacht. Das ist doch schon mal ein Erfolg. Und auch James schein langsam an dem Vagabundenleben gefallen zu finden, auch wenn wir nicht wie sonst viel wandern, sondern mehr fahren und stationär fotografieren. Dabeisein ist für ihn eben alles.

 

Für das heutige Ziel haben wir ausnahmsweise gestern den Platz schonmal vorgebucht. Nachdem die letzten Plätze zwar landschaftlich sehr schön gelegen aber ausstattungsmäßig eher rustikal waren, wollen wir nun mal wieder einen etwas komfortableren Platz ansteuern und gleich zwei Nächte bleiben. Die Nettofahrzeit beträgt nur knapp 1,5 Stunden, aber wir wollen ausgiebig entlang der Strecke fotografieren und uns etwas treiben lassen. Wir haben Urlaub! Wir haben Zeit!

 

Als erstes steuern wir den Forebergsfossen an, wo Clemens gleich zu Kamera, Stativ und Filtern greift. Annika hält alles mit der Actioncam fest für ein kommendes YouTube Video.

Dann geht es weiter zur Fähre. Mit der wir auf die nördliche Seite des Hardangerfjordes übersetzen wollen. Denn dort wartet schließlich eines der fotografischen Ziele von Clemens – die Apfelblüte an den Fjordhängen.

Die Straße ist schmal und kurvig, das Wetter in bester Laune und die Aussicht auf den Hardangerfjord gigantisch. Das Einzige, das fehlt, sind die Apfelblüten. Anscheinend ist dieses Jahr alles etwas früher und die weiße Pracht schon wieder verblüht.

So fahren wir nicht ganz bis zur Spitze, sondern biegen in Nordheimsund Richtung Westen ab, um noch weitere Wasserfälle mitzunehmen. Beim ersten, dem Steinsdalfoss, halten wir noch nicht einmal an. Man kann über eine Brücke hinter den Wasserfall gelangen, was mit Sicherheit ein gewisses Erlebnis wäre, allerding darf man sich dafür erst einmal in eine lange Touristenschlange einreihen. Das ist nun wirklich nicht unser Ding.

 

Weiter geht die Strecke in sehr engen und steilen Serpentinen hinauf, durch einen Tunnel nach dem nächsten. Besonders spannend ist der Tunnel in dem das Licht ausgefallen ist. Die Dunkelheit schluckt auch große Teile unseres Fernlichtes und so fährt Annika besonders vorsichtig. Am nächsten Viewpoint dann der nächste Wasserfall (Fosse Bratten). Dieser ist zwar ganz beeindruckend, aber nicht wirklich fotogen. Wir halten hier trotdem an, da uns der kleine Hunger überkommt. Das ist das praktische an Wauzi, man hat immer alles, was man brauch parat - heißen Kaffee, kalte Getränke und Proviant inklusive.

 

Als diverse Reisebusse neben uns auftauchen (vermutlich Ausflügler von Kreuzfahrtschiffen), suchen wir wieder das weite. Nur wenige Kilometer weiter halten wir erneut an einem Rastplatz, weil Clemens – oh Wunder – einen weiteren Wasserfall entdeckt hat. Hier werden dann wieder Fotos gemacht.

Der letzte Wasserfall, den wir auf der Route anpeilen, ist der Mørkhølsfossen. An dem darf nun auch endlich mal wieder James posieren.

Dann geht es in einer Schleife nach Voss zum Campingplatz. Das Wetter beginnt sich zu verändern und wir sind nun auch schon wieder 8 Stunden on the road, so dass ein baldiges Ankommen nicht die schlechteste Idee ist.

 

Da der Frischwassertank so gut wie leer, Grau- und Schwarzwasser hingegen so gut wie voll sind, müssen wir jedoch, bevor es zum Platz geht, erst einmal ver- und entsorgen. Leider ist der Grauwasserablass so eng gebaut und seitlich mit Steinkanten versehen, dass Annika ordentlich reagieren muss, bis Wauzi richtig steht und wir nicht aus Versehen den ganzen Platz fluten. Vermutlich tragen wir mit dieser Aktion zur Bespaßung der anderen Camper bei. Aber irgendwann haben wir alles erledigt und können endlich unseren Platz beziehen.

 

Zu viel mehr sind wir dann auch nicht mehr in der Lage. Zum Abendessen gibt es Reste, dann werden ein paar Runden Rummikubb gespielt, der Hund darf noch kurz in den nur ca. 100 vor uns liegenden Fjord pinkeln und wir bearbeiten noch unsere Fotos der letzten Tage. Und zack ist es schon nach Mitternacht!

 

Als Annika – ordentlich wie sie ist – die angefangenen Pralinen wieder in den Vorratsschrank räumen möchte, passiert… nichts! Die Schranktür lässt sich nicht öffnen! Der Schnappverschluss scheint ins Leere zu greifen und verweigert uns so den Zugriff auf all unsere nicht kühlpflichtigen Vorräte. Da helfen auch kein Rütteln und kein Klopfen. Auch Dr. Google und Prof. YouTube können uns nicht weiterhelfen. Was für eine Sch… Annikas Laune sinkt in einen frostigen Bereich, aber mitten in der Nacht werden wir keine Hilfe finden können. Clemens hingegen mahnt zu Optimismus und morgen ist schließlich ein neuer Tag. Ach, was ergänzen wir uns doch gut.

 

Die Problemlösung muss also wohl oder über bis morgen warten – wie auch immer die dann aussehen wird…

27.05.2024

Auch wenn wir insgeheim auf ein nächtliches Wunder gehofft hatten – nein, der Schrank lässt sich auch heute nicht öffnen. Also kontaktieren wir den Vermieter und fragen um Rat. Er meint, wir könnten ruhig versuchen, die Klappe mit einem Messer aufzustemmen. Schnell stellt sich aber heraus, dass das nicht funktionieren wird. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als in die nächstgelegene WoMo-Werkstatt zu fahren.

 

Da haben wir wenigsten mal Glück im Unglück, denn in Voss gibt es so eine Werkstatt, nur 5 Autominuten von unserem Campingplatz entfernt. Die Dame im Büro ist sehr freundlich, teilt uns aber mit, dass sie nicht wisse, ob wir heute noch drankämen, da si sehr voll seien. Wenn wir uns etwas gedulden, würde aber ein Mechaniker sich die Sache mal anschauen. Es dauert keine fünf Minuten, da stehen wir mit einem freundlichen Mechaniker im Wauzi und schildern ihm das Problem. Er verschwindet kurz, kommt dann mit Werkzeug zurück, dem wir ansehen können, dass es besser geeignet sein wird, als unsere Frühstücksmesser, und hebelt kurzerhand – und ohne Schäden an der Hochglanzfront – das Schloss aus. Ein professioneller Blick zeigt ebenfalls: Es hat sich im Inneren des Schlosses lediglich ein Stift gelöst, der sich wieder anschrauben lässt und das Schloss funktioniert wieder ordnungsgemäß. Was für ein Glück!!!

 

Nun steht einem ungehinderten Zugang zu unseren Vorräten nichts mehr im Wege. Allerdings hat diese Aktion unseren Zeitplan etwas durcheinandergebracht und wir müssen leider verzichten, mit der Gondel auf den Hausberg zu fahren. Schade eigentlich, dort oben wären wir gerne ein Stückchen gewandert.

 

So bleiben wir im Tal und erkunden die Nähere Umgebung vom Campingplatz. James findet natürlich gute Badeplätze am See. 

Abends bleibt die Camperküche kalt und wir lassen uns in einem chinesischen Restaurant (was gleichzeitig auch ein Steakhaus ist…) bekochen. Annika bestellt sich Ente mit chinesischer BBQ-Sauce und Gemüse, Clemens lässt sich Pochiertes Rind auf Sezuan Art empfehlen. Die Warnung, dass das Gericht wirklich scharf sei, schlägt er natürlich in den Wind.

 

Und dann kommt der heiße Kram.  Die Ente liegt auf einer dampfenden Platte und zischt noch vor sich hin, vor Clemens steht eine gigantische Schüssel mit undefinierbarem, rotem, flüssigem Inhalt. Es schmeckt fantastisch, allerdings hat die Bedienung bei der Warnung vor der Schärfe nicht übertrieben und so führt bei Clemens bereits der erste Löffel zu einem massiven Hustenanfall. Angeblich hat er sich nur verschluckt… wer’s glaubt. Seine Gesichtsfarbe – irgendwas zwischen rot und lila – spricht eine andere Sprache.

 

Hoffentlich haben wir noch genug Getränke für die Nacht da…

28.05.2024

Der nächste Morgen begrüßt uns mal wieder mit strahlendem Sonnenschein und die Landschaft spiegelt sich wie im Bilderbuch im glatten Wasser des Sees.

So schön dieser Anblick jedoch ist – wir müssen weiter. Es geht weiter nach Norden zum Sognefjord. Auch dieser Weg führt wieder vorbei an diversen Wasserfällen und über ein mit Schneefeldern bedecktes Fjell. Natürlich werden die Kameras wieder ausgepackt!

Kurz vor dem Campingplatz machen wir noch einen Einkaufstopp in Vikøyri. Wir besorgen uns Salat zum Mittag (die Salatbar bei Spar ist köstlich!) und Grillwurst zum Abendessen. Ebenfalls in diesem Ort steht eine der ältesten noch erhaltenen Stabkirchen von geschätzt 1060. Die wollen wir uns natürlich auch anschauen. Man muss dafür eine kleine Anhöhe hinaufgehen und als wir oben stehen, sehen wir, dass der ganze Spaß Eintritt kostet – unser Geld aber unten im Wauzi liegt. Kurz überdenken wir die Situation, entscheiden uns dann aber dafür, dass sie von außen auch ganz ansehnlich ist und ziehen wieder von dannen.

 

Als wir am Campingplatz ankommen, ist die Rezeption unbesetzt. Das kennen wir schon, meist muss man dann eine Nummer anrufen oder sich einfach einen Platz suchen und der Inhaber kommt später vorbei zum Kassieren bzw. es stehen die entsprechenden Öffnungszeiten draußen dran. Hier ist es die erste Variante. Der Platzbetreiber sagt uns, wie sollten uns einfach was aussuchen. Okay, machen wir.

 

Unser Übernachtungsplatz liegt direkt am Sognefjord und bietet eine fantastische Aussicht. Noch besser ist es, dass wir nur ein Nachbar-WoMo haben. Ein nettes Paar aus NRW steht neben uns und wir halten einen kleinen Plausch.

 

Die Aussicht ist mal wieder gigantisch. Gegen 21°° Uhr fährt dann das Kreuzfahrtschiff „Costa Diadema“ vorbei, auf dem rund 6000 Passagiere Platz finden. Unsere Platznachbarn und wir sind uns einig, dass wir nicht tauschen wollen!

Annika ist total k.o. und geht zeitig zu Bett, Clemens bleibt noch etwas wach und fängt die nächtlichen Lichter des gegenüberliegenden Ufers ein. Morgen geht es dann über den Fjord und hoch ins Fjell. Die Strecke von rd 55 Km ist dabei durchaus überschaubar.

29.05.2024

Eigentlich möchte Annika nur kurz den Hund rauslassen und sich dann noch ein Stündchen hinlegen. Es ist noch deutlich vor sieben Uhr und – wie vermutlich jeder weiß – so gar nicht ihre Uhrzeit. Der Anblick über dem Fjord lässt sie jedoch umdenken. Diese Lichtstimmung der tiefhängenden Wolken und den durchbrechenden Sonnenstrahlen lässt selbst eine Nicht-Landschaftsfotografin zur Kamera greifen. Clemens wirkt etwas verwundert, ob ihres frühen Aktionismus, kommt dann aber selbst schnell mit raus zum Fotografieren.

Danach geht es wieder weiter. Aber halt, war da nicht noch was? Gestern ist niemand gekommen zum Abrechnen und obwohl wir immer mal an der Rezeption vorbeigeschaut hatten, blieb diese verwaist. Wir fragen unsere Nachbarn, die erklären, dass gestern Nachmittag der Betreiber kurz vorbeigeschaut hätte, zum Kassieren, da waren wir aber noch nicht da. Was sollen wir tun? Uns freuen, dass wir eine Nacht gratis gestanden haben und einfach fahren? Nein, das geht nicht! Also rufen wir noch einmal bei dem Herrn an und kurze Zeit später kommt er und wir können mit einem guten Gefühl weiterreisen.

 

Nach nur 6 km nehmen wir mal wieder eine Fähre. Sie bringt uns von Vangsnes über Hella nach Dragsvik. Spannend ist, dass wir in Hella erstmal von der Fähre runter , wenden und wieder drauf fahren müssen, damit wir in Dragsvik auch ankommen und an Land fahren können. Von dort aus fahren wir auf der Fv163 erst am Sognefjord entlang und dann weiter über das Gaularfjell. Dies ist die mit Abstand schönste Strecke, die wir bisher gefahren sind! Man kann sich gar nicht satt sehen und am liebsten würden wir alle paar Meter einen Halt machen. An einer Stelle machen wir eine Kaffeepause und lassen die Drohne fliegen. Und ein kleines Bisschen Touriprogramm gibt es dann am Aussichtspunkt auch noch.

Unser Ziel ist heute der Campingplatz Hov Hyttegrend, direkt am Likholefossen (zu Deutsch: „Leichen-Loch-Wasserfall“, weil man früher dort die Toten von den höher gelegenen Bauernhöfen zwischengelagert hat). Der Platz vermietet hauptsächlich Hütten, aber wenn man früh genug dran ist – und das sind wir – ergattern man einen der wenigen Stellplätze direkt am Fluss unterhalb des Wasserfalls. Hier passen nur eine Handvoll Fahrzeuge hin, nicht jeder Platz hat Strom, und die einzelnen Plätze sind wie Nischen umgeben von breiter Vegetation. Es fühl sich an wie freistehen – nur eben auf einem richtigen Campingplatz. Der Platzbetreiber Ottar Hov ist ein urig rustikaler Typ Anfang 80, der scheinbar auch Ranger in diesem Naturpark, in dem der Platz liegt, war. Es ist hier so schön, dass wir gleich zwei Nächte buchen. Auch, weil wir auf einer ersten Erkundungstour am Wasserfall eine Wasseramsel sehen – Clemens Zielobjekt. 

Nur einen kleinen Haken gibt es hier: Die sanitären Einrichtungen sind 300m vom Platz entfernt. Das alleine wäre nicht weiter schlimm, die dabei zurückzulegende Steigung jedoch lässt einen zweimal überlegen, ob man wirklich dorthin muss, vor allem nachts… Was sind wir froh, unser eigenes Klo an Bord zu haben!

 

Lange draußen sitzen können wir allerdings nicht, da uns plötzlich unzählige winzig kleine Mücken umschwirren. Die Stiche jucken zwar nicht sehr doll, die Tiere sind aber trotzdem sehr lästig. So verziehen wir uns ins Wauzi und Annika widmet sich dem Videoschnitt, während Clemens Bilder bearbeitet. So geht wieder ein ereignisreicher Tag zu ende.

30.05.2024

Der heutige Tag steht im Zeichen der suche nach der Wasseramsel. Bevor Clemens sich jedoch auf Jagd begeben kann, müssen er und James aber erst einmal noch den Platz verteidigen, während Annika in den nächstgrößeren Ort fährt, um etwas essbares einzukaufen. Viel Auswahl gibt es in dem eher an einen Tante-Emma-Laden erinnernden Märktchen nicht. Aber egal, irgendwas wird sie schon abends zaubern.

Wieder zurück zieht Clemens los – mit schwerem Fotografengepäck macht er sich auf zum gegenüberliegenden Flussufer, wo er die Wasseramseln gestern auch gesichtet hat.

 

Annika tut derweil so, als hätte sie eine Hausfrauliche Ader und macht Wäsche, Abwasch und erledigt alles, was so rund um den Camper anfällt. Durch den mehrmaligen Auf- und Abstieg zum Sanitärgebäude kommt sie so auch locker auf ihr Schrittziel.

Einige Zeit später kommt Clemens von seiner Tour wieder – ohne Erfolg. Die Wasseramsel hat sich nicht blicken lassen. Etwas enttäuscht machen wir eine kleine Siesta und jeder püselt so vor sich hin. Nachdem wir den Tag über fast alleine gestanden haben, füllt sich der Platz im Laufe des Nachmittags wieder erheblich. Uns soll es nicht stören, sind wir in unserer kleinen Nische doch sehr ausreichend separiert.

 

Nach dem Abendessen – es gibt Hähnchengeschnetzeltes mit Reis – ziehen wir noch einmal gemeinsam los zum Wasserfall. Clemens hatte dort gestern ein Video für YouTube aufgenommen und erst zu Hause festgestellt, dass der Ton nicht mit aufgenommen wurde. Also heißt es jetzt, alles noch einmal zu drehen. Und wegen der spannenden Vegetation nimmt er auch noch das Makro mit. Annika verzichtet auf eine Kamera und nimmt neben dem Hund nur das Fernglas mit. Kaum kommen wir am Wasserfall an, sitzt sie da: die Wasseramsel. Dekorativ auf einem Stein in den tosenden Wassermassen, keine 20m vor uns. Dieses kleine Biest! So schnell Clemens kann (und das ist bei den Wegen und Steigungen nicht gerade unanstregend), läuft er zurück zu Wauzi, um das große Objektiv zu holen. Annika und James warten derweil am Fluss und versuchen, die Wasseramsel zu verfolgen. Leider taucht sie erst ab und verschwindet dann aus ihrem Sichtfeld. Als Clemens zurück ist, kann Annika auf die Frage, wo sie hin ist, nur die Schultern zucken.

 

Aber aufgeben ist nicht! Wir verharren am Ufer und suchen selbiges immer wieder ab. Und wirklich, Clemens entdeckt sie schließlich ein kleines Stück weiter auf einer Landzunge. Langsam pirscht er sich an sie heran, Annika bleibt mit dem Hund lieber ein gutes Stück zurück. Die Amsel ist so dermaßen mit ihrer Gefiederpflege beschäftigt, dass sie sich überhaupt nicht stören lässt. Keine 10m trennt sie zum Schluss und Clemens kann endlich seine erhofften Aufnahmen machen.

Natürlich muss später noch eine Bilderschau stattfinden, und so wird es wieder ein langer Abend, der sich jedoch nicht so lang anfühlt, da es bis weit nach Mitternacht noch hell bleibt.

 

Irgendwann heißt es dann aber doch schlafen. Morgen müssen wir diesen wunderbaren Platz leider verlassen. Sehr schade, hier hätten wir es auch gut noch weitere Tage aushalten können.

 

31.05.2024

Schweren Herzens packen wir zusammen, winken noch einmal der Wasseramsel und fahren dann weiter in Richtung Nordfjord.

 

Dabei kommen wir wieder an unzähligen Seen vorbei. Clemens meint plötzlich: „Halt mal an. Kannst Du erkennen, was da auf dem See schwimmt?“ Annika hält an und Clemens greift zum Fernglas. Was er sieht, lässt sein Fotografenherz höherschlagen. Es sind Prachttaucher. Natürlich fängt es in diesem Moment an fürchterlich zu schütten. Egal, es geht raus und es werden Fotos gemacht! Die Freude ist auch nur minimal getrübt, als wir feststellen, dass es sich um die etwas kleineren Sterntaucher handelt, die aber ebenso selten anzutreffen sind. 

Die restliche Fahrt wird nach weiteren Tieren Ausschau gehalten und immer mal wieder angehalten für eine kleine Rast. Das große Tele fährt jetzt immer einsatzbereit auf dem Beifahrersitz mit. Leider gibt es aber keine weiteren Sichtungen. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir dann Gloppen.

 

Und wir stellen fest: Wir sind ganz schön verwöhnt! Die Stellplätze sind dicht an dicht und leider so angelegt, dass man mit dem Heck zum Wasser stehen muss, also noch nicht einmal eine schöne Aussicht hat. Aber es ist ja nur für eine Nacht… Nachdem wir uns eingerichtet haben wollen wir noch eine kleine Runde gehen. Eine kleine Kirche vor majestätischer Bergkulisse hat es Clemens angetan und wir machen uns auf den Weg. Leider ist fürchterlich viel Verkehr, so dass das Spazieren so gar keinen Spaß macht.

 

Immerhin ergattern wir eine Picknickbank am Strand und lassen dort den Tag gemütlich mit einigen Partien Romme Cup ausklingen. Zum Abendessen gibt es Reste vom Vortag. Schupfnudeln mit Tomatensalsa. Das kann man schlechter haben.  Zum Schreien der Möwen und dem lieblichen Gesang der Austernfischer schlafen wir dann ein.

01.06.2024

Ausnahmsweise schlafen wir mal halbwegs aus. Erst gegen 9 kommen wir aus den Federn und beschließen gleich loszufahren und das Frühstück unterwegs zu uns zu nehmen. Tagesziel ist Geiranger am gleichnamigen Fjord. Nach knapp 1,5-stündiger Fahrt machen wir eine Pause und genießen unser Frühstück am Fjord. Oh, wie ist es praktisch immer eine Küche und den Kaffeekessel an Bord zu haben.

 

In Stryn tanken wir etwas AdBlue nach und wundern uns über die Fahrzeugkolonnen, die sich durch die Innenstadt schieben. Kurz darauf bekommen wir des Rätsels Lösung: Es ist Stryn Autofestival und alles, was vier Räder hat ist auf ebendiesen unterwegs. Zum Teil beeindruckende Amischlitten, zum Teil stattliche Oldtimer oder eben alles, was die Tuningwerkstatt hergibt. Kurz nach Verlassen des Ortes flaut der Verkehr auch schnell wieder ab und die Einsamkeit (zumindest fast) hat uns wieder.

 

Nach ein paar Tunneldurchfahrten geht es dann wieder hoch ins Fjell. Dort legen wir eine Pause ein, um uns die Füße zu vertreten und ein paar Landschaftsfotos zu machen. Clemens hat nebenbei die Hoffnung, dass er Singvögel fotografieren kann. Deshalb kommt auch das Tele mit auf den Ausflug. Und richtig, wir sehen Blaukehlchen und Steinschmätzer, die aber allesamt so weit weg sind, dass sie sich nicht wirklich fotografieren lassen. Trotzdem verbringen wir ein paar nette Stunden und zum Schluss lässt sich noch eine Knäckente blicken, die sich auch fotografieren lässt. Annika ist erfolgreicher, da ihr Fotomodell nicht so schnell auffliegt und sich fast perfekt positionieren lässt.

Morgen kommen wir an derselben Stelle vorbei und vielleicht haben wir da mehr Glück. Auf der suche nach weiteren vielversprechenden Plätzen fahren wir die Straße Richtung Grotli, aber auch hier werden wir nicht wirklich fündig. Wir essen schnell noch ein paar Reste (Geschnetzeltes, sehr lecker) und fahren dann weiter Richtung Campingplatz kurz vor Geiranger. Der Fjord, der uns erwarten soll ist deutlich eindrucksvoller als die, die wir bisher gesehen haben.

Aber erstmal geht es den Berg etwas hinauf, bevor es in langen Serpentinen mit zum Teil 10% Gefälle wieder runter geht. Kaum oben auf dem Berg angekommen stecken wir mitten in einer Wolke und genießen weniger als 20 m Sichtweite. Da alle uns entgegenkommenden Fahrzeuge den Warnblinker angeschaltet haben, tun wir es Ihnen gleich. Gar keine schlechte Idee, da die entgegenkommenden Fahrzeuge erst auf den letzten Drücker zu sehen sind und das bei einer Fahrbahnbreite, die selbst bei guter Sicht Können voraussetzt. Mit Annika am Steuer sind wir aber gut davor und kommen heil den Berg herunter.

 

Unten angekommen beziehen wir den Platz und müssen erstmalig die Auffahrkeile verwenden. So ganz reichen sie nicht, so dass wir nach wie vor etwas Schlagseite haben. Da wir ja eh nur eine Nacht bleiben wollen, belassen wir es aber dabei.

 

Beim Auspacken fällt uns auf, dass wir schon wieder unseren Tritt für den Einstieg vergessen haben. Vermutlich bei den Blaukehlchen. Vielleicht haben wir ja morgen Glück und er steht noch da vielleicht sogar mit einem Blaukehlchen darauf???

 

Den Rest des Tages gehen wir ruhig an. Lesen, Tagebuchschreiben und noch einmal zum Wasserfall schauen, der direkt am Campingplatz herabrauscht. Wie werden wir wohl zu Hause ohne diesen Sound schlafen können? Naja, zur Not können wir die Waschmaschine in Dauerschleife laufen lassen…

02.06.2024

Das Wetter hat es sich wieder anders überlegt und die Sonne strahlt wieder vom Himmel. Wir machen uns auf nach Geiranger, wollen auf der Nordseite einmal die Serpentinen hoch, um einen netten Blick auf den Fjord zu bekommen und dann wieder zurückfahren zur E15 nach Fossberg.

 

Im Hafen liegen die „Viking Venus“ und die „AIDA Pearl“, letztere ist gerade am Anlegen. Dementsprechend ist in dem kleinen Ort bereits mächtig was los. Überall laufen Menschen und stehen Busse. Und auch auf den Serpentinen sieht es nicht besser aus. In der „Adlerkurve“ muss man höllisch aufpassen, dass einem kein Touri vor den Wagen rennt, weil er mehr auf sein Selfihandy achtet, statt auf die Autos. Wir sprechen hier von einer steilen, unübersichtlichen Straße mit Haarnadelkurven und ohne Bürgersteige. Als wir oben sind, halten wir kurz, machen ein Beweisfoto und kehren dann wieder um. Nun beginnt der ganze Spaß noch einmal rückwärts.

Ganz ehrlich… wir machen drei Kreuze, als wir aus dem ganzen Getummel wieder raus sind. Nun geht es zurück zum Rastplatz vom Vortag über die Passstraße, von der wir nichts gesehen hatten, als Wolken mit Wolken und Wolken.

 

Vorbei an Dalsnibba und Djupevatn liegt nun die Landschaft strahlend vor uns und wir halten ab und an an, um sie genauer zu betrachten. Was wir feststellen müssen, ist, dass es um einiges mehr an Verkehr hat. Auch spucken Reisebusse massen an Menschen aus. Ruhe und Natur sieht anders aus. Und so fahren wir weiter zum Rastplatz am Langvatnet, um dor unser Glück noch einmal bei den Blaukehlchen zu versuchen. Überraschung: der Hocker ist natürlich nicht mehr da…

 

Clemens zieht mit großem Gerät voraus, Annika folgt mit dem Hund hinterher. Sie lässt ihren Apparat jedoch im Wauzi, James soll heute mal frei haben. Doof genug für ihn, dass er nirgends mal ohne Leine toben kann, dann soll er zumindest nach Herzenslust schnüffeln und planschen dürfen.

 

Clemens ist schon weit vorne, als Annika einen lieblichen Gesang ganz in ihrer Nähe vernimmt. Es ist ein Blaukehlchen, dass sich, keine 10m entfernt, adrett auf einem Steinhaufen drapiert hat und aus voller Kehle sein Lied trällert. Es lässt sich durch nichts stören. Wir erinnern uns: Annika draußen, Kamera im Wauzi! So bleibt ihr nichts anderes übrig, als zu versuchen, mit dem Handy zumindest eine Beweisaufnahme zu machen. Sie versucht noch wild gestikulierend die Aufmerksamkeit von Clemens zu bekommen, aber der ist schon zu weit weg.

 

Er hat derweil Steinschmätzer und Wiesenpieper im Visier, allerdings flirrt die Luft so stark, dass es schwer ist, scharfe Fotos zu bekommen.

Dann machen wir uns weiter auf den Weg zum nächsten Campingplatz nach Fossberg. Doch schon nach kurzer Fahrt kommt der Verkehr zum Erliegen. Mitten auf der Straße steh ein Rettungshubschrauber, ein Notarztwagen parkt daneben. Wir stellen uns auf eine längere Wartezeit ein und wollen uns gerade hinten einrichten, da hebt der Heli plötzlich ab und es geht auch schon weiter. Offensichtlich war dies „nur“ eine Pateintenumverteilungaktion. Auch gut! Wir wünschen dem Patienten an dieser Stelle unbekannterweise alles Gute! Dann geht es weiter. Auch hier muss man höllisch aufpassen, an markanten Stellen – gerne mitten in Kurven – keine plötzlich auf die Straße rennenden Touristen anzufahren.

 

Für Fossberg haben wir uns vorgenommen, nochmal essen zu gehen. Bereits gestern haben wir uns ein Restaurant rausgesucht, wo wir uns mal nach Strich und Faden verwöhnen lassen wollen. Mann kann sich ein Menü zusammenstellen und wir entscheiden uns für gebeizten Lachs, Hirschbraten und die Käseauswahl bzw. das Schokotörtchen als Dessert. Allein bei dem Gedanken daran, läuft uns schon das Wasser im Munde zusammen!

 

Aber erst einmal heißt es wie immer anmelden, Platz finden, einrichten und kurze Pause (die Autofahrten sind anstrengender, als man denkt). Gegen 18 Uhr brechen wir dann auf. Das Restaurant, das zu einem Hotel gehört, liegt passenderweise direkt dem Campingplatz gegenüber. Als wir dort ankommen, sind wir allerdings etwas irritiert. Wir finden lediglich eine rustikale Cafeteria vor. Also fragen wir an der Rezeption. Die Dame bestätigt uns: hier gibt es kein Restaurant. Also schnell gegoogelt und den Fehler gefunden. Das Restaurant gehört zum Hotel FossHEIM, wir stehen im Hotel FossBERG. Kleine Verwechslung, kann ja mal passieren. Unser Zielobjekt befindet sich auch nur 200m die Straße weiter hoch („hoch“ ist in Norwegen immer wörtlich zu nehmen), so stampfen wir frohen Mutes dorthin. Nur um dann in ein freundliches Gesicht an der Rezeption zu blicken, dass uns mitteilt: heute ist das Restaurant geschlossen! Ade, Du Traum vom 3-Gänge-Menü. Und nun? Es gibt noch einen etwas rustikal-imbissmäßig aussehenden Italiener, der ist zumindest besser als nichts. Mittlerweile sind wir so hungrig, da sinken unsere Ansprüche entsprechend.

 

Wir entscheiden uns für Pizza. Zum einen hatten wir in letzter Zeit wahrlich genug Nudeln, zum anderen gibt es hier gar keine. Beim Italiener! Also zieht Annika los, um am Tresen zu bestellen: 2 große Pizze, wenn was übrigbleibt, gibt es den Rest morgen zum Frühstück. Der nette Kellner lächelt sie freundlich an und sagt ihr dann: nein, zwei große gibt er mir nicht, das sei zu viel für 2 Personen. Ernsthaft??? Wo sind wir denn hier? Annika versucht noch zu erklären, dass sie die Reste dann mitnehmen würden, aber der Kellner lässt sich nicht umstimmen. Eine große Pizza sei für zwei bis drei Personen gedacht, also bekäme ich nur zwei kleine. Kurz blitzt der Gedanke: „Ihr könnt mich doch alle mal gerne haben, wir gehen!“ durch Annika Kopf, ob der Alternativlosigkeit presst sie dann aber nur ein resigniertes „Dann eben zwei kleine…“ zwischen den Zähnen raus.

 

Zumindest schmeckt es entgegen unseren Befürchtungen sogar recht gut. Reste bleiben keine, aber wir werden immerhin annehmbar satt.

Zurück beim Wauzi schnappen wir uns noch den Hund und drehen mit ihm eine Runde am Ufer der Otta entlang. Dann noch ein paar Runden Rummikub und dann ab ins Bettchen.

Vor dem Schlafengehen sind wir allerdings noch mal etwas fleißig und ordnen die vielen Videos den Themen zu, zu denen es später mal Videos auf Youtube geben soll. So wissen wir, was noch fehlt und können die nächsten Tage dazu nutzen das Material zu komplettieren. In Norwegen gibt es zwar fast rundum gute Mobilfunkabdeckung, allerdings reicht die nicht um Videos von vielen GB hochzuladen. Also kommt das nächste Video nach unserer Rückkehr. Seid gespannt!

03.06.2024

Auch heute lassen wir uns Zeit mit dem aufstehen. Gegen halb Neun geht Clemens schon mal Richtung Dusche und Annika klariert das Waumobil. Anschließend noch der „große Service.“ Grauwasser raus, Frischwasser rein und auch die Toilette will noch sauber gemacht werden. Gegen 10 Uhr rollen wir dann vom Platz. Nun ist der Einkauf dran. Es soll ein Pastagericht mit Garnelen aus unserem Campingkochbuch geben. Glücklicherweise ist der Laden gut sortiert und wir finden alles, was wir brauchen. Dann nur noch schnell zu EuroPris um einen neuen Hocker zu erwerben, den es leider nicht gibt. Dabei hatten wir den letzten bei EuroPris in Odda erstanden. Naja, wir nehmen es als eine Art Sportprogramm, dass wir immer in den Wagen klettern müssen. Kann ja auch nicht schaden.

 

Eigentlich war nun geplant noch die örtliche Stabkirche und das daneben liegende Freileichtmuseum zu besuchen. Was wir dabei allerdings nicht bedacht haben, ist die Taktik sich übers Wasser anzuschleichen. So standen schon etliche Busse die Kreuzfahrtouristen aus aller Welt direkt vor Kirche und Museum entluden. Allein die Schlange vor der Kirche war beeindruckend und so haben wir kurzerhand beschlossen uns gleich auf den Weg nach Sognedalsfjøra zu begeben. Rund 180 Km Fahrt über das Fjell in rd. 1500 m Höhe liegen vor uns.

 

Zunächst geht die Fahrt an einem reißenden Strom entlang. Clemens möchte gerne ein Video zur Landschaftsfotografie aufnehmen und so gehen wir an den Fluss auf der anderen Straßenseite. Aber leider gibt sich hier kein geeigneter Ausblick. Dafür die erste Wildsichtung. Clemens entdeckt zunächst nur den strengen Geruch, Annika findet dann die Reste eines Rothirsches. Clemens überlegt kurz, ob er James ein Bein mitbringen soll, damit die Fahrt nicht so langweilig wird, besinnt sich aber eines Besseren, als ihm klar wird, wie dann nach kürzester Zeit wohl das Auto riechen würde. 

Das Fjell selbst ist wieder beeindruckend. Anders als bei unseren bisherigen Touren liegt hier noch richtig viel Schnee und es ist bitterkalt. Insbesondere, da ein kräftiger Wind aufgezogen ist. Wir halten also hier und da und schnell geht die Zeit um. Aber wer auf den Berg hinauffährt, muss auch wieder hinunter, so dass wir uns über unzählige Spitzkehren wieder dem Fjordniveau und schließlich auch Sognedalsfjøra nähern. Kurz vor dem Ziel muss Annika, die heute fotografierfaul ist, dann doch noch zur Kamera greifen. An einem Ufer des Eidsvatnet liegt malerisch ein Holzboot, ein Wasserfall und eine Hütte im Hintergrund runden das Bild ab. Wie wir lernen, gehörte die Hütte dem Philosophen Ludwig Wittgenstein und das Boot ist ein Nachbau seines Ruderboots – der einzigen Möglichkeit damals zu seiner Hütte zu gelangen. So kommen wir sogar noch in den Genuss von Bildung.

Aber dann geht es wirklich zum Campingplatz. Dieser ist schön am Fjord gelegen, aber da immer wieder größere Schauer durchziehen kochen wir noch, schreiben Tagebuch und lassen uns vom sanften Prasseln in den Schlaf begleiten. 

04.06.2024

Ausnahmsweise haben wir uns heute einen Wecker gestellt und der klingelt pünktlich um sieben Uhr. Wir haben heute einen längeren Fahrtag vor uns, damit wir wieder mehr in den Süden kommen. Gut 300km werden es werden, Fahrzeit ca. 4,5 Stunden. Da es beständig regnet, wäre mit dem Tag eh nicht mehr anzufangen gewesen.

 

Wieder geht es hoch, diesmal in Aurlandsfjell, der letzten Landschaftsroute auf unserer Reise.

Annika hat heute frei und nimmt deshalb auf dem Beifahrersitz Platz. Nach einer Fähre und einigen Tunneln erreichen wir den Beginn der Passstraße. Sie ist sehr eng und kurvig und wir schrauben uns wegen des ständigen Gegenverkehrs nur langsam in die Höhe. Oben angekommen, erwartet und ein heftiger, eiskalter Wind gepaart mit Schneeregen bei angenehmen 2°C. Neben der Straße türmen sich teils mehrere Meter hohe Schneewände auf. Scheinbar hat hier noch niemand bescheid gegeben, dass eigentlich Frühsommer ist. Trotz der widrigen Umstände ist es trotzdem ein faszinierender Anblick und natürlich machen wir ab und an halt, um zu fotografieren oder zu filmen. Annika entdeckt zudem diverse Felle von Lemmingen. Ob sie den Winter nicht überstanden haben und nun deren Überreste unter dem geschmolzenen Schnee zum Vorschein gekommen sind, oder ob Fressfeinde sie so dort haben liegenlassen, können wir nicht feststellen. Und eins ist klar: lebendig wären sie uns wesentlich lieber gewesen!

Und dann geht es wieder hinab ins Tal auf der E13 wieder Richtung Odda. Odda? Da war doch was… Natürlich halten wir am EuroPris und erstehen- tadaaaa- Hocker Nummer 3! Dieser hat zukünftig strikte Leinenpflicht und wird an Wauzi verschnürt!!!

So geht es dann weiter bis plötzlich das Auto schreit: „Warnung! Nur noch wenig Sprit im Tank!“ Ganz großes Kino! Die nächsten Tankstellen sind, egal in welche Himmelrichtung man fährt, mindestens 25km entfernt und wir müssen noch über einen Berg und diverse Tunnel. Clemens steht leichter Schweiß auf der Stirn, Annika googelt derweil, wieviel Sprit Wauzi im Reservetank hat. Bis zur Tankstelle sollte es reichen, zumal wir mittlerweile im wahrsten Sinne des Wortes über’n Berg sind und es nur noch runter geht. Clemens hat trotzdem ein ungutes Gefühl und sieht uns schon mitten im Tunnel liegenbleiben. Dies geschieht natürlich nicht. Wir kommen entspannt an der Tanke an und haben es von dort nur noch etwa 500m zum Campingplatz. Wir kommen wieder in Røldal unter, allerdings auf einem anderen Platz, der uns wesentlich besser gefällt.

 

Annika schnappt sich gleich den Hund und dreht eine Runde mit ihm. Clemens macht nach der anstrengenden Fahrt erst einmal eine Siesta. Später wird dann gekocht, Hühnchen asiatisch mit Reis. Der Hund bekommt eine eigene Portion Huhn und Reis, da er heute etwas mit Durchfall zu kämpfen hat und die Reiseapotheke natürlich, wie sollte es bei einer Tierärztin auch anders sein, sicher und trocken in Roikier liegt. Wir denken aber, ihm kann schlechteres passieren als solche Schonkost.

Dann das Übliche: Bilder sichten, Tagebuch schreiben und den Tag mit dem gemütlich auf’s Dach presselnden Regen ausklingen lassen.

05.06.2024

Und wieder geht es ein Stück weiter Richtung Süden. Mit rund 180 Km haben wir eine überschaubare Etappe, die weitgehend ereignislos verläuft. Entgegen unserer Erwartung kommen wir doch noch einmal hoch ins Fjell. Wie schon auf dem Hinweg müssen wir das Haukelifjell passieren. Diesmal erscheint es uns allerdings bei weitem nicht so spektakulär wie noch auf dem Hinweg. Haben wir doch inzwischen viel krassere Bergpässe erfahren dürfen.

 

Spektakulär sind aber nach wie vor die norwegischen Baustellen. Wenn es gerade passt, wird die Straße einspurig. Mal mit Behelfsampel, mal ohne. Wenn eine Straße mal ganz   gesperrt werde muss, dann wird einfach mal ein Baustellenfahrzeug quer auf die Fahrbahn gestellt. Und überall wird mit schweren Baumaschinen und natürlich auch mit Dynamit gearbeitet. Schön sind auch die hektisch blinkenden „Folge mir“ Fahrzeuge, die häufig eingesetzt werden, obwohl die einspurigen Straßen gar keine Alternativen zulassen. Höhepunkt der Etappe war jedoch, dass alle Fahrzeuge (inkl. Trucks) als Umleitung die Nebenstrecke fahren mussten, die wir auf dem Hinweg gewählt und bei der wir unsere Rast eingelegt hatten. Damals fanden wir die Strecke recht eng und unübersichtlich. Aber auch wir lernen ja dazu.

 

Gegen Mittag machen wir Rast an einem kleinen Wasserfall, der durchs Edlandsfjell fließt. Clemens macht hübsche Landschaftsaufnahmen, während Annika den Hund in der schönen Landschaft portraitiert. Doch dann…. Eine Bewegung an der Wasserkante. Das kann doch nur eine Wasseramsel sein. Clemens stürzt zurück zum Wauzi um das große Tele zu holen, dass erfreulicherweise noch griffbereit neben dem Fahrersitz liegt. Langsam schleicht er sich an und sieht. Keine Wasseramsel. Stattdessen eine Schafstelze, die versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Sie sitzt attraktiv vor dem sprudelnden und glänzenden Wasser, so dass ein paar schöne Aufnahmen gelingen. Die Wasseramsel bleibt jedoch verschwunden. Nach einer Zeit des Wartens und Beobachtens entscheiden wir dann weiterzufahren. Nicht ohne vorher noch ein paar schöne Aufnahmen von der Schafstelze auf den Sensor zu bannen.

Ziel der Reise ist der Campingplatz Sølvgaarden. Dieser hat den schönen Vorteil, dass er über ein angeschlossenes Hotel mit Restaurant verfügt, von dem man nur gutes liest. So gibt es zum Abendessen Elchcarpacchio, Elchkarbonade mit Gemüse und Kartoffeln sowie einen Himbeertraum für Clemens und ein Schokofondant für Annika. Köstlich! Gut gestärkt und zufrieden geht es zurück ins Wauzi, wo wir nach den üblichen organisatorischen Dingen in den Schlaf fallen.

06.06.2024

Der letzte Tag bricht an, bevor es morgen dann erst auf die Fähre und wieder zurück nach Roikier geht. Um am Abreisetag nicht noch erst eine lange Anfahrt zum Fährterminal haben zu müssen (wir müssen bis spätestens 8°° Uhr eingecheckt haben), wird unser letzter Campingplatz in Kristiansand sein. Die Wahl fällt nicht schwer – es gibt nur einen dort.

 

Auf dem Weg dorthin lassen wir es gemütlich angehen. Wir fahren ein ganzes Stück auf der E9 und halten noch einmal an einem Wasserfall an. In Evje werden dann noch nochmal unsere Vorräte aufgestockt und für das Abendessen eingekauft. 

Da wir sehr früh dran sind, machen wir noch einen Abstecher an die südliche Schärenküste. Vielleicht finden sich dort noch ein kleiner Picknickplatz und eine Fotogelegenheit.

 

Also geht es von der E9 runter und wir schlängeln uns mal wieder auf wohlbekannten, engen Sträßchen durch die Landschaft – inklusive Schotterpiste. Und wir müssen feststellen: Ganz nett hier im Süden, aber weiter nördlich war es schöner.

 

Direkt an der Küste gibt es dann noch nicht einmal eine Parkgelegenheit, so dass wir leicht genervt dann doch bis zum Campingplatz weiterfahren.

 

Hier beginnt dann die Platzsuche. Die Rasenflächen scheinen sehr aufgeweicht durch den Regen der letzten Tage und Annika hat da noch so ein Schlamm-Feststeck-Trauma aus Schweden. Also wird so lange gesucht, bis doch noch ein halbwegs trockener und sogar fast gerader Stellplatz gefunden wird. Zwar versinkt der Auffahrkeil zur Hälfte im Boden, aber der Rest des Wagens steht sicher.

 

Damit James nicht völlig zu kurz kommt, drehen wir noch eine kleine
Runde zum Jachthafen und schmeißen danach den Grill an. Es gibt marinierte Minutensteaks und Kartoffelsalat. Da es stark windet und selbiger auch sehr kalt ist, essen wir dann doch lieber drinnen.

Anschließend wird noch ein Take für eines der nächsten Videos aufgenommen, dann kuscheln wir uns zu dritt ins Bettchen und schlafen beim Fernsehen ein.

 

07.06.2024

Der Wecker klingelt um 6.45 Uhr. Da wir gestern bereits alles soweit verpackt hatten, brauchen wir uns eigentlich nur noch anziehen, vom Strom trennen und losfahren. (Nein, den Auffahrkeil haben wir nicht vergessen – auch der Tritt ist wieder mit dabei!). Es geht noch als Abstecher zu einer Entsorgungsstation in der Nähe und um 7.45 Uhr stehen wir bereit in der Warteschlange Nr. 9 für den FjordLine Katamaran, der uns in 2,5 Stunden von Kristiansand nach Hirtshals bringen wird.

Sagen wir mal so: Für Annikas Geschmack hätte es ein wenig weniger schaukeln dürfen! Eine halbe Stunde nach dem Ablegen zieht sie es vor, sich bei Regen und Wind nach draußen an Deck zu setzen und konzentriert den Horizont zu studieren. Diesen Platz verlässt sie die nächsten 2 Stunden auch nicht wieder. Irgendwann kommen Clemens und James besorgt, um nach ihr zu schauen und leisten ihr fortan Gesellschaft. Während Clemens versucht, Annika mit dem Erklären der vielen Schiffe, die um uns herumfahren, abzulenken, flirtet James derweil mit diversen Passagieren und holt sich ordentlich Streicheleinheiten ab. Es ist vermutlich der ungebrochene Carstensen‘sche Geiz - den man auch nicht mit hochzeitlicher Namensänderung ablegt - der das teure Bordfrühstück beharrlich im Magen behält.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt dann endlich Land in Sicht, die Fahrt wird ruhiger und wir können wieder in unser Wauzi steigen und die Rückreise fortsetzen.

 

Was dann folgt, ist die langweilige dänische Autobahn, die durch die vielen Baustellen und Staus nicht gerade an Attraktivität gewinnt. Am frühen Abend sind wir dann aber endlich wieder in Roikier.

 

Annika ist noch nicht ausgestiegen, da ruft Clemens: „Komm mal schnell!“ Ohjee, was ist passiert?? Alarmiert springt Annika aus dem Wagen – und sieht, dass fleißige Heinzelmänn*innen sich während ihrer Abwesenheit in ihrem Chaosgarten ausgetobt  und zudem noch das Haus mit Girlanden und Pappflamingos als Willkommensgruß geschmückt haben. Sofort ist all der Fahrtstress und die urlaubsendebedingte schlechte Laune verflogen. Auch an dieser Stelle noch einmal ein fettes Dankeschön!

 

Das Ausräumen geht recht zügig. Morgen klingelt der Wecker noch einmal um 6.15 Uhr, dann fahren wir Wauzi nach Lübeck zurück. Aber wir sind uns sicher: Das wird nicht die letzte Tour mit ihm gewesen sein!!

ENDE

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