Roadtrip Schweden im Herbst mit Wauzi

Prolog

 

Es ist der 11.10.2024 um 14 Uhr – Clemens lässt seinen Füllfederhalter fallen, Annika ihr Skalpell. Endlich Urlaub! Nun schnell ab nach Tarp, wo sie sich treffen wollen, um dann gemeinsam das Wauzi aus Lübeck abzuholen. Eine Stunde Puffer bis zur vereinbarten Abholzeit haben sie mit eingeplant, das dürfte reichen, um entspannt anzukommen. Für den Abend steht dann das Einpacken auf dem Plan, damit es am nächsten Morgen zeitig nach Schweden losgehen kann.

 

Sie treffen sich pünktlich, schnell springen Annika und James in den Benz zu Clemens und ab geht die wilde Fahrt… bis Schleswig-Shuby, dann ist Stau. Wir erfahren, dass es in Owschlag einen LKW-Unfall gegeben hat, voraussichtliche Dauer, bis wir durch sind ca. 45 Minuten. OK, dann haben wir immer noch 15 Minuten Puffer für die restliche Strecke. Man gut, wir sind so zeitig losgefahren.

 

Die Minuten verstreichen leider nicht wie im Flug, es zieht sich und zieht sich, nach etwa geschlagenen drei Stunden sind wir endlich in Owschlag. Zwischenzeitlich wurde die Autobahn komplett gesperrt, so dass wir in Owschlag runter müssen und eine Verbindungsstraße nach Kropp zu B77 nehmen. Es wird den geneigten Leser nicht überraschen, dass wir nicht die Einzigen sind, die diesen Weg nehmen müssen, und so kommt es, dass wir nochmal etwa eine Stunde für die ca. 20km brauchen (von denen wir 17km flott fahren können und die letzten 3km dann eher stehend verbringen).

 

Zum Glück ist der Vermieter von Wauzi tiefenentspannt und wir dürfen unser Urlaubsdomizil dann endlich gegen 19.30 Uhr in Empfang nehmen. Da wir alle außer ein paar Croissants auf dem Weg nichts gegessen haben, machen wir noch Halt beim Diner um die Ecke - nun kommt das auf ne halbe Stunde auch nicht mehr an – und essen leckere Burger. Wer mal in Lübeck ist und sich in der Nähe des Industriegebiets Roggenhorst aufhält, dem können wir das „Enjoy live“ nur sehr ans Herz legen!

 

 

Was wir für die Rückfahrt schon wissen: die A7 in Richtung Norden ist ebenfalls gesperrt (diesmal allerdings geplant), so dass wir über Kiel fahren müssen. Wir erreichen Roikier gegen 23.30 Uhr und sind völlig erledigt. Das Packen fällt natürlich aus, der frühe Start am nächsten morgen demnach auch. Aber egal, nun nur noch schnell ins Bett. Es kann nur besser werden!

 

12.10.2024

Da es am Vortag so spät geworden ist, wir aber durch das vorzeitige Abholen des Wauzi einen Tag gewonnen haben, lassen wir es etwas ruhig angehen. Gegen acht stehen wir auf und fangen an den Wagen zu packen. Auch wenn dies inzwischen eine gut trainierte Sache ist, dauert es doch bis 13 Uhr, bis alles an Bord ist. Dafür schaffen wir es, alles schon dorthin zu verstauen, wo es später dann auch mal gebraucht wird.

Dann kann es auch endlich losgehen. Damit die Fahrt nicht nur ein audio-visuelles Erlebnis wird – eine langweilige Autobahnfahrt untermalt vom Gerumpel und Gerüttel des Wauzi, sondern auch eine besondere olfaktorische Note bekommt, wälzt sich James kurz vor Abfahrt noch einmal genüsslich in einem großen Haufen Rehscheiße. Gut verteilt vom Scheitel bis zu den Flanken, verströmt er einen so unverwechselbaren Geruch, dass es eine wahre Freude ist. Zum Baden haben wir allerdings keine Zeit mehr und so hoffen wir, dass sowohl die Dauer der Fahrt als auch der Abstand vom Fahrerhaus zur Hundebox im Heck die Geruchsintensität etwas abmildern.

Die Fahrt durch Dänemark ist dann auch wirklich lang und weilig, auch wenn der Verkehr besser fließt, als am Tag zuvor. Kilometer um Kilometer reißen wir ab, bevor wir endlich sn unserem Rastplatz vor der Storebeltsbrücke stehen. Zu James großem Entsetzen gibt es hier aber noch nicht mal eine Wurst, da wir versuchen wollen, so zeitig wie möglich in Schweden zu sein. Auf den Brücken müssen wir allerdings sehr langsam fahren, da ein starker Wind immerwieder von der Seite gegen das hohe Fahrzeug drückt.

 

In Schweden angekommen wird es auch schon sportlich. Die Kartenautomaten für die Maut an der Öresundsbrücke sind so angebracht, dass weder der obere noch der untere gut zu erreichen ist, so dass Annika halb aus dem Fenster hängt, um den Obulus für die Brücke zu entrichten. Aber auch das wird geschafft.

 

Wir beschließen, nicht mehr zu weit zu fahren und finden einen geöffneten Campingplatz in Klippan (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Sofa von IKEA). Ein Zettel an der Rezeption gibt den Hinweis, dass man sich telefonisch melden solle, wenn man den Platz nutzen möchte. Dahinter zwei Nummern. Unter der ersten geht keiner ran, unter der zweiten meldet sich jemand mit höllischem Lärm im Hintergrund. Zur Erklärung fügt er hinzu, dass er gerade auf einem Oktoberfest sei und erklärt, wo wir die Schlüsselkarten finden.

 

Da es bereits 20Uhr ist, finden wir irgendwie im Dunkeln einen Platz umringt von zahlreichen Dauercampern, deren Vehikel so aussehen, als ob sie noch die Zugehörigkeit zum Dänischen Königreich (1720) erlebt hätten. Der Platz ist ansonsten ganz in Ordnung und es dauert nicht lange, bevor wir nach einer Portion Nudeln Bolognese in einen tiefen Schlaf fallen.

13.10.202

Der Erste Tag in Schweden bricht an. Die Nacht war erstaunlich ruhig dafür, dass der Campingplatz direkt an einer Hauptstraße liegt. Auch bei Tageslicht wird er allerdings nicht schöner, daher beschließen wir, uns zügig nach dem Morgenkaffee weiter gen Norden aufzumachen. Es liegen rund 400km mit dem Ziel eines Stellplatzes in der Nähe von Mariestad direkt am Götakanal vor uns.

Das Wetter ist regnerisch, daher verpassen wir nichts, wenn wir heute noch einmal ordentlich Strecke machen. Wir stoppen noch schnell beim örtlichen ICA Kvantum, und dann geht es wieder auf die E4.

 

Wieder zieht sich die Fahrt etwas. Bei Värnamo verbinden wir das nützliche (Tanken) mit dem Angenehmen (Mittagessen) und rasten daher an einem kleinen Waldparkplatz. Leider ist da alles so vermüllt, dass an einen Spaziergang nicht zu denken ist. So lassen wir uns nur den eingelegten Brathering schmecken (auch James bekommt natürlich was ab) und fahren weiter.

Gegen 16 Uhr kommen wir dann in Hajstorp am Stellplatz an – nicht, ohne vorher noch einen Umweg zu nehmen, da die von Google angezeigte Route für Fahrzeuge über 3t gesperrt ist. Schnell finden wir auch raus warum: eine winzig-schmale Brücke führt hier über den Götakanal. Das ist nun wirklich nichts für unser Wauzi.

 

Der Stellplatz dafür ist wunderschön gelegen und komplett leer. Kein Wunder, man muss ihn schon sehr bewusst ansteuern, mal eben auf dem Weg liegt er wahrlich nicht! Bei der freien Auswahl sucht Annika natürlich den schönsten Platz mit direkter Aussicht auf den Kanal. Bezahlt wir in einem kleinen Schleusenkaffe nur wenige Schritte vom Platz entfernt. Clemens will nur noch schnell austreten, allerdings sind die Sanitäreinrichtungen verschlossen. Dann werden wir wohl die Schlüsselkarten im Café bekommen.

 

Der Regen wird nicht weniger, also verpacken wir uns alle gut in Regenklamotten und machen uns auf zum Café. Dort hängt allerdings wieder nur ein Zettel mit einer Telefonnummer. Die freundliche Damen am anderen Hörer teilt uns mit, dass es leider zur Zeit kein Wasser gibt und daher die Sanitäreinrichtungen geschlossen sind. Dafür dürften wir die Nacht gratis stehen und auch Strom bekommen. Da wir Toilette und Co. an Bord haben und die Lust, sich einen neunen Platz zu suchen im Minusbereich bewegt, beschließen wir zu bleiben. Außerdem ist es echt schön hier und so ruhig und einsam steht man selten. Wir laufen noch ein paar Meter durch den Regen am Kanal entlang, und kuscheln uns dann mit Kuchen und Hund ins Wohnmobil.

Nach dem Abendessen – Rindfleischstreifen-Pilz-Ragout mit Reis - gehen wir noch einmal ein bisschen am Götakanal entlang. Den einzigen, den wir bei diesem trüben Wetter treffen, ist ein Grasfrosch, der uns über den Weg hüpft und sich mindesten genauso über den Hund wundert wie andersherum.

 

 

Gegen 21 Uhr kehren wir zurück und schauen noch eine Kleinigkeit auf YouTube und schlummern dann, begleitet vom leisen Prasseln des Regens, sanft ein.

 

14.10.2024

Im Wauzi ist es sehr gemütlich und wir hadern damit, aus unseren warmen Betten zu kriechen. Ein Blick aus dem Fenster sorgt aber dafür, dass wir doch rauskommen, denn draußen zeigt sich der Kanal mit farbenfrohen Spiegelungen des Herbstlaubs. Also erden die Fotoapparate geschnappt und die Szenerie festgehalten.

Und dann geht es auch schon weiter Richtung Norden. Der Färnebosfjärden Nationalpark ist unser Ziel. Unterwegs wird noch eingekauft. Heute ist der vorerst letzte Tag, an dem wird ordentlich Strecke machen. Da es weiter regnerisch ist, fällt dies auch nicht weiter schwer.

 

Der Campingplatz in Östa macht einen guten Eindruck und auch hier sind wir fast die einzigen Gäste. Nur wenige Meter neben dem Campingplatz ist ein See, an dem wir den fantastischen Sonnenuntergang, den es tatsächlich doch noch gibt, bestaunen. Zahlreiche Vögel huschen durch die Bäume, darunter auch ein gut getarnter Waldbaumläufer. Der muss natürlich auf Clemens Sensor gebannt werden. Annika begnügt sich derweilen mal wieder mit dem Hund als Model.

 

Zum Abendessen gibt es eine schwedische Spezialität, die Annika hervorragend interpretiert: Köttbullar mit Gräddsos und Potatisgratäng, dazu für Clemens Preiselbeeren. Sehr lecker!

15.10.2024

Und er tut es tatsächlich! Um kurz nach sieben schnappt sich Clemens sein großes Gerät und macht sich auf gen See. Annika genießt derweil die Ruhe im Camper bei einem Kaffee. Es dauert nicht lange, da kommt Clemens allerdings schon wieder. Die erhofften Vögel lassen sich nicht blicken und somit auch nicht im weichen Licht der Morgensonne fotografieren. Trotzdem ist es eine wundervolle Stimmung.

 

Da wir heute noch eine weitere Nacht auf dem Platz bleiben, beschließen wir es gemütlich anzugehen und erst einmal eine runde zu frühstücken. Haben wir doch eine Reihe von Schwedischen Spezialitäten an Bord, die gegessen werden wollen.

 

Nach Duschen, Abwaschen und Wauzi aufklaren, geht es dann in den Färnebofjärdens Nationalpark, der nur gut 20km entfernt ist. Hier erwartet uns eine Wanderung am Dalälven, mit vielen Einblicken in wunderbar ursprüngliche Natur. Den erhofften Habichtskauz sehen wir allerdings leider nicht, was allerdings nur insofern zu bedauern ist, da Clemens sein großes, schweres Gerät über 4km umsonst über Stock und Stein getragen hat. Dafür sehen wir ein Prachtexemplar eines Fliegenpilzes und eine ganze Armada von durch Biber gefällten Bäumen.

So viel frische Luft und körperliche Bewegung (die Wanderwege in Schweden sind nicht zu vergleichen mit unseren und oft sehr unwegsam) sind wir gar nicht mehr gewohnt und kommen daher hungrig und müde wieder am Wauzi an. Wie schön, wenn man sein Heim immer dabeihat. Die aufgewärmten Köttboller vom Vortag schmecken auch am zweiten Tag noch hervorragend. Anschließend gibt es eine kleine Siesta. Fühlt sich irgendwie komisch an, sich auf dem Parkplatz kurz hinzulegen, ist aber nötig. Auf dem Rückweg zum Campingplatz steuern wir noch einen ICA Nära an, um für das Abendessn zu sorgen. Den weiteren geplanten Abstecher zum Ingebo Källor verschieben wir auf den morgigen Tag, da bereits in einer halben Stunde der Sonnenuntergang ist und wir noch etwas ganz Spezielles vor Haben.

 

C 2023 A3 – auch bekannt als der Komet Tsuchinshan-ATLAS – ist in dieser Woche mit bloßem Auge am Himmel erkennbar. Heißt es zumindest. Und da wir an dem See eine wunderbare Sicht nach Westen haben, schnappen wir uns kurz nach dem Sonnenuntergang unsere Stative und Kameras und ziehen die wenigen 100m los an den Strand. Erwartungsvoll blicken wir immer wieder gen Himmel, gleich neben der Venus, die uns bereits anstrahlt, soll er zu sehen sein. Nur James versteht die ganze Aufregung nicht, wozu in den Himmel gucken, wenn man (mittlerweile bei Temperaturen um den Gefrierpunkt) doch soooo schön im Wasser spielen könnte?! Eine Fledermaus leistet und während der Wartezeit Gesellschaft und fliegt immer wieder nur ein paar Meter vor uns über das Wasser, um sich einen kleinen Abendsnack zu gönnen. Ihre Flugakrobatiken sehen toll aus vor dem von dem letzten Sonnenlicht noch leicht orange angefärbten Wasser.

Irgendwann sind wir bis auf die Knochen durchgefroren, vom Kometen keine Spur. Eine extra noch schnell installierte App zeigt uns zwar die eigentliche Position an, allerdings ist für uns nichts erkennbar. Und auch auf Testfotos zeigt sich nichts. Hungrig beschließen wir also, ohne Kometenfoto zurück zum Wauzi zu gehen und uns beim Kochen aufzuwärmen. Es gibt Currygarnelen mit Bandnudeln aus dem Campingkochbuch. Die sind so lecker, dass tatsächlich nichts für den nächsten Tag übrigbleibt.

Nach dem Essen spielen wie noch eine kleine Runde und schreiben weiter an diesem Tagebuch. Dumm nur, dass wir tatsächlich an einem Ort sind, wo es so gut wie kein Internet gibt und das Hochladen dieser Seiten also noch etwas warten muss. Vielleicht klappt es ja morgen besser, wenn wir erst nach Falun und dann weiter nach Rättvik an den Siljansee wollen.

 

16.10.2024

Wieder werden wir von den ersten Sonnenstrahlen des Tages geweckt. Clemens würde den Platz am liebsten gar nicht mehr verlassen, aber Annika drängt darauf weiterzufahren. Schließlich wollen sie noch ein ganzes Stück gen Norden kommen. Trotzdem lassen wir den Tag ruhig beginnen: Kaffee, Frühstück, Abwasch und ein bisschen „Hausputz“ stehen auf dem Programm, bevor wir gegen 11 Uhr den Platz verlassen.

 

Unser erstes Ziel ist jedoch nicht weit, nur etwa 10 Minuten Fahrt, dann sind wir an der „Ingbo Källor“, der Ingboquelle mit einer alten Wassermühle, angekommen. Der Rundweg ist nur kurz, gerade mal 1,5km, aber er führt durch einen verwunschenen Wald entlang kleiner Seen, aus deren Grund die Quellen blubbern – 50l in der Sekunde. James ist im 7. Himmel, rennt hin und her und springt immer wieder erst in den Matsch, so dass keine weiße Stelle mehr an seinem Körper zu sehen ist und anschließend ins Wasser, wo er sich zum Glück immer wieder selbst reinigt. Alles in Allem läuft er mindestens die dreifache Strecke von dem, die wir laufen. Gut so, denn nun folgt wieder eine längere Autofahrt.

Es geht nach Falun, wo sich Clemens gewünscht hat, beim Inder ein spätes Mittagessen einzunehmen. Wir wählen eine etwas längere Strecke über Dorfstraßen, da wir keine Lust auf die Schwedischen Schnellstraßen mehr haben. So kommen wir an pittoresken Häuschen und stattlichen Höfen vorbei, deren Falunrote Farben sich perfekt mit den orangetönen des Herbstlaubes vereinen. Bullerbyfeeling pur!

 

Dank der Park4night-App finden wir in Falun problemlos einen Parkplatz für unser Geschleuder. In wenigen Gehminuten erreichen wir dann auch hungrig das Restaurant – und stehen vor verschlossener Tür! „Mittagspause bis 16 Uhr“ steht auf einem handgeschriebenen Zettel. Na toll, davon stand auf deren Homepage natürlich nichts! Ein Blick auf die Uhr verrät: Es ist 14.45 Uhr. Was tun? Zeit totschlagen oder Essenspläne ändern? Wir entscheiden uns für die erste Variante und beschließen in einem nahgelegenen Café ein Heißgetränk zu uns zu nehmen. Und als kleine Vorspeise wollen wir und eine Zimtschnecke teilen. Auf die vielen Fragen der Bedienung sagen wie der Einfachheit halber immer ja, was dazu führt, dann auf Annikas Latte nicht nur eine riesige Schicht Sahne mit Caramel prangt, sondern wir auch noch gleich zwei Zimtschnecken bekommen (sie hat wohl gefragt, ob wir lieber die zwei im Angebot wollen), die sogar noch angewärmt werden. Beim Bezahlen müssen wir kurz schlucken (haben wir versehentlich das ganze Café mitgekauft?), stellen aber fest, dass alles seinen Preis wert ist, und genießen die Leckereien. Eine Zimtschnecke nehmen wir jedoch für später mit, wir wollen ja noch was vernünftiges essen…

 

Als es sich der 16 Uhr nähert, wechseln wir die Lokalität. Statt Kaffee und Kuchen stehen nun bald Chicken Korma und Chicken Madras vor uns. Auch sehr lecker! Abendbrot brauchen wir heute vermutlich nicht mehr.

Und dann ruft der Endspurt: noch rund 50km bis Rättvik am Siljansee, dem heutigen Ziel der Reise. Der See empfängt uns mit einem wunderschönen Sonnuntergang. Schnell checken wir auf dem Campingplatz ein und machen dann noch einmal los in die Innenstadt. Hier ist die längste Seebrücke der Welt, gut 600m lang. Auch wenn es bereits dunkel ist, lassen wir es uns nicht entgehen, die ganze Brücke einmal abzuschreiten. Um diese Tageszeit sind wir tatsächlich die einzigen dort, diesen Vorteil muss man ausnutzen.

Gegen 20.30 Uhr sind wir dann wieder im Wauzi, das uns wohlig warm empfängt. Und das Beste: Wir haben wieder Netz!!!!! Also wird der Abend genutzt Bilder runterzuladen und das Tagebuch einzustellen. Viel mehr ist dann auch nicht drin, wir drei sind rechtschaffend geschafft. 

17.10.2024

Wir lassen den Tag entspannt angehen und genießen noch einmal die Annehmlichkeiten des großen Campingplatzes: ausgiebig duschen und den Wagen aufräumen und reiseklar machen. Wir entsorgen Grau- und Schwarzwasser und füllen Frischwasser auf, da der nächste Aufenthalt auf einem Stellplatz vorgesehen ist, der nicht all diese Möglichkeiten bietet.

 

Dann geht es über Mora Richtung Hamra Nationalpark. Unterwegs erfolgt noch ein Stopp bei einem ICA Maxi, da unsere Vorräte zur Neige gehen. Und da wir nun in eine Gegend kommen, wo auch Lebensmittel rar werden, nutzen wir die Chance. Dabei geraten wieder allerlei Leckereien in unseren Wagen: Elchhackfleisch und frische Pfifferlinge für ein leckeres Nudelgericht, panierter Dorsch mit Kartoffelsalat für den heutigen Abend. Bis hierhin verläuft der Tag mehr oder weniger unspektakulär.

 

Als wir dann von der E45 Richtung Nationalpark abbiegen, wird uns klar, dass wir auf dem Weg in die Wildnis sind. Die angenehm geteerte Straße weicht einer Schotterpiste mit etlichen Schlaglöchern, die uns 25km durch den tiefsten Wald führt. Dann endlich haben wir unser Ziel erreicht und beschließen, eine kurze Wanderung zu machen. Knappe 3km an einem Fluss entlang durch hügeliges Gelände und traumhafter Atmosphäre. James kann sein Glück kaum fassen. Nach der langen, ruckeligen Fahrt geht es über Stock und über Stein in einen verwunschenen Märchenwald. Auch wir sind anfangs ganz beseelt, wundern uns aber zunehmend über die Zeitangabe von rund einer Stunde für den doch sehr anspruchsvollen Weg. Immer wieder müssen wir klettern, von großen Felsblöcken absteigen und durchqueren sumpfiges Terrain. Letzteres lässt Annika zwar kalt, da sie ihre Gummistiefel anhat, Clemens versuch aber den schlimmsten Stellen auszuweichen. Nun gerät die gemütliche Runde zum Wettlauf gegen die Uhr. Da die Sonne bereits kurz vor 18 Uhr untergeht und der Weg in der Dämmerung noch anspruchsvoller wird. Annika mutmaßt, dass dieser Weg vom Schwedischen Sadistenverein angelegt wurde.

Völlig erschöpft am Wagen wieder angekommen, stellen wir fest, dass Wauzi inzwischen Gesellschaft von einem Campervan bekommen hat. Da wir weder Lust haben, dort mit Nachbarn stehen zu bleiben, noch über die Schotterpiste zurück zu dem angepeilten Stellplatz zu fahren, geht es zum  zweiten Eingang im Nationalpark, dem Myrentreén. Dort bleiben wir für die Nacht stehen, da wir morgen zum Sonnenaufgang den dortigen Aussichtsturm besteigen wollen. Während Annika den etwas besonderen Standort schulterzuckend zur Kenntnis nimm, ist Clemens doch etwas beeindruckt von der Stille des Waldes und der Abgeschiedenheit. Die Zweifel vergehen aber im nu, als eine Leckere Portion Dorsch mit Kartoffelsalat auf den Tisch kommt. Danach reicht die Energie nur noch für ein paar Zeilen Tagebuch und die ein oder andere Seite Gute-Nach-Lektüre.

 

Da wir heute weder Bärenspuren noch Unglückshäher noch Habichtskauze gesehen haben, sind die Erwartungen an den morgigen Tag entsprechend. Aber auch ohne diese Besonderheiten, war es ein wunderschöner Tag in wundervoller Natur. Auch wenn wir ahnen, dass sich unser Hürdenlauf morgen mit fürchterlichem Muskelkater rächen wird…

18.10.2024

Boah ey, ist das noch früh. Es ist noch nicht einmal hell draußen. Um diese Uhrzeit jagt man doch noch keinen Hund vor die Tür! Sind die jetzt völlig bekloppt? Wenn ich mich gaaanz ruhig verhalte, dann vergessen sie mich vielleicht…

 

Hat geklappt, während die Alten auf irgendeinen Turm geklettert sind, konnte ich mich gemütlich auf dem Fahrersitz zusammenrollen (ist nämlich mein neuer Lieblingsplatz – genau der richtige für den Rudelchef!) und noch ne Runde schlummern.

Als sie wiederkommen, strecke ich dann doch mal meine Beine aus dem rollenden Hundekennel, der diesmal, ganz nach meinem Geschmack, nicht auf einem blöden Platz sondern mitten im Wald steht. Hier riecht es so gut! Nach ganz viel Natur und vierbeinigen Freunden und gefiederten Freunden und vor allen nach deren Hinterlassenschaften. Hier will ich bleiben!

 

Aber och nööö, warum fahren sie denn schon wieder weiter? Darf ich nicht einmal Spaß haben im Leben? Ich bin so ein armer Hund! Zum Glück ist die Fahrt nicht lang und es geht in einen Urwald. 400 Jahre sind die Bäume wohl alt, die hier stehen. Für mich macht es allerdings keinen Unterschied, an welchem ich mein Bein hebe. Der Weg ist leider nicht so schön felsig wie gestern, aber es macht Spaß, den Alten zu zeigen, wo es langgeht. Ohne mich würden sie sich garantiert verlaufen! Warum sie mittendrin stehen bleiben und anfangen irgendwelche Gerätschaften auszupacken, bleibt mir ein Rätsel. Spechte gibt es schließlich auch zu Hause. Weiter Leute, ich will weiter!!!

Die Runde ist wie immer zu kurz, nur 2,5 Stunden dauert sie. Dabei habe ich mich doch gerade erst warmgelaufen. Naja, immerhin nehmen sie zurück im rollenden Hundekennel ein Mittagessen zu sich, da fällt bestimmt was für mich ab. Auch wenn es nur der Kartoffelsalatpott ist, den ich auslecken darf, es ist in Ordnung, ich bin ja bescheiden. Und dann helfe ich auch noch freiwillig, den Kennel sauber zu halten. Als Papa beim Schneiden eine Scheibe Rentiermettwurst aus der Hand rutscht, sorge ich dafür, dass sie nicht den Boden berührt und diesen womöglich verschmutzt, sondern fange sie behände mit meinem Maul auf und entsorge sie sogleich.

 

Dann geht es auch schon wieder weiter. Unterwegs machen die Alten nochmal einen riesen Bohai wegen irgendwelcher Hühner, die am Straßenrand rumspringen (die müssen verletzt gewesen sein, denn meine Menschen meinen, es seien Aua-Hühner), aber mich lassen sie kalt. Obwohl, so ein leckeres Hühnchen als Zwischenmahlzeit würde ich nicht verachten. 

Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir im Wald geblieben, das war ganz nach meinem Geschmack. Aber den neuen temporären Vorgarten, den ich nun bekomme, lasse ich mir auch gefallen, immerhin hat er direkten Wasserzugang. Warum Herrchen ins Servicehaus geht, um zu baden, kann ich nicht verstehen. Der See ist allemal besser. Aber wer nicht will, der hat schon.

So langsam merke ich, dass die letzten Tage doch sehr aufregend und turbulent waren. Dazu musste ich immer auf die Alten aufpassen. Da kann man schon mal müde werden. Ich lege mich also ein bisschen hin und versuche wie immer dabei so gut wie möglich im Weg zu liegen. Das scheint mir ganz gut zu gelingen. Vor lauter Müdigkeit vergesse ich sogar, bei der Elchbolognense mit frischen Pfifferlingen zu betteln. Naja, ich habe aber bestimmt heute Nacht noch ein Date mit Papa am Herd. Da fällt mit Sicherheit immer etwas ab für mich.

Nun muss ich mich aber zurückziehen, um diese Zeilen zu verfassen. Morgen gibt es sicherlich neue Abenteuer (auf dem Tisch liegt ein Flyer von Sonfjället Nationalpark) und dann werde ich dazu keine Zeit haben. Danach wird sich eng man Mama gekuschelt und gemeinsam geschnarcht.

19.10.2024

Der Morgen empfängt uns mit den ersten Sonnenstrahlen über dem Ljusnan. Herrlich spiegeln sich die Bäume vom anderen Ufer im goldenen Licht. Haben wir bereits erwähnt, dass wir mutterseelenalleine auf dem Campingplatz sind? Die Stille und die Aussicht sind einfach gigantisch! 

Gleich nach dem Frühstück machen wir das Wauzi abfahrbereit. Eines der guten aber auch lästigen Merkmale eines Wohnmobils ist, dass man vor jeder auch nur so kleinen Fahrt alles wieder richtig verstauen muss. Manchmal etwas umständlich, sorgt aber für eine gewisse Grundordnung, die beim Zusammenleben auf 14m² auch ganz hilfreich ist.

 

Unser heutiger Weg führt uns in den Sonfjället Nationalpark. Wir haben uns heute für eine leichte Strecke entschieden, die Familieslingan, also die „Familienschleife“, die extra für Kinder gestaltet und mit vielen Informationsstellen über die Natur ausgestattet ist. Der Weg ist nur 2,7km lang, also perfekt für eine kleine Tour für uns Flachländer. Wir hoffen noch immer auf Bartkauz, Unglückshäher und co., die wir endlich vor die Kamera bekommen wollen.

 

Der Weg zum Haupteingang ist mal wieder von der besonderen Sorte. Schlag an Schlagloch zieht siech die Schotterstrecke über 15km und wir kommen nur sehr langsam voran. Bisweilen machen wir uns sorgen, dass die Sahne in unserem Kühlschrank zu Butter geworden ist.

 

Endlich angekommen, sind wir zunächst etwas verwundert über den durchaus gut gefüllten Parkplatz. Aber es ist Samstag und schönes Wetter, es wird sich sicherlich alles gut verlaufen. Also Rucksäcke auf, Hund an die Leine und los geht es.

 

Die ersten 600m geht es stramm bergauf über Felsen und durch morbide anmutende, wie tot wirkende Birkenwälder. Das Gehen ist etwas anstrengend, weniger wegen der Steigung als vielmehr wegen der rutschigen Steine und dem zum Teil mit Wasser überschwemmten Weg. Dann kommen wir an einen Picknickplatz und sind verwirrt: Ein Schild weist die Familieslingan nach links aus, die farbigen Wegemarkierungen an den Bäumen gehen aber geradeaus weiter. Wir entscheiden uns, der farbigen Markierung zu folgen und gehen weiter… und weiter… und weiter… Irgendwann stimmt die Kilometerangabe mit unserem Standort so gar nicht mehr überein. Die erklommene Höhe, hat jedoch den Vorteil, dass wir mittlerweile gutes Handynetz haben und unseren Standort überprüfen können. Und siehe da, wir sind nen knappen halben Kilometer zu weit gewandert. Na toll, also wieder zurück zum Picknickplatz und den richtigen Weg suchen. Den finden wir dann auch. Er führt steil bergab, wieder über Felsen und oberirdisch verlaufende Baumwurzel. Bei dem feuchten Zustand kein großer Spaß. Auch die Tierwelt hält sich zurück, nur an einem Baum bleiben wir stehen, der so aussieht, als ob er von einem Bären bearbeitet wurde. 

Nach 2,5 Stunden kommen wir völlig erschöpft wieder am Wauzi an, die Stimmung ist ob des anstrengenden Weges und der geringen Fotoausbeute nicht gerade auf ihrem Höhepunkt. Wir beschließen, noch schnell nach Hede zu fahren (wobei schnell eher euphemistisch ist, angesichts der Tatsache, dass wir die Schotterpiste vom Hinweg natürlich auch wieder zurückmüssen), um zu tanken und etwas zum Abendessen einzukaufen. Essenstechnisch wir es heute klassisch: Roastbeef vom Grill, dazu gebratener Parmesan-Blumenkohl und Kartoffeln mit Favoritsauce.

 

Da das auf dem kleinen Herd in der Wauzi-Küche nicht alles zu bewerkstelligen ist, baut Annika kurzerhand die Outdoorküche auf. Wir sind schließlich Camper, da stört es uns nicht, dass es nur 8°C sind und es bereits dämmert. „Skotti“, unser faltbarer Grill, war ja bereits in Norwegen ein treuer Begleiter. Auf dieser Reise hat sich dazu noch „Oliver Kocher“ gesellt, ein tragbarer Gaskocher mit ordentlich Wumms. So schwingen wir gemeinsam Messer und Kochlöffel, Clemens im Wauzi, Annika davor. Das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen! Dazu ein kühles Bierchen und wir sind wieder mit dem Tag versöhnt.

 

Der restliche Abend wird kurz. Wir drei sind k.o. und schlafen zeitig ein. 

 

20.10.2024

Endlich Regen! Das heißt, wir können getrost sagen, heute ist ein Ruhetag. Erst gegen späten Mittag soll es trockener werden. So vertrödeln wir die Zeit im Wauzi bis wir dann gegen 13 Uhr schließlich doch nochmal aufbrechen. Vorher allerdings verlängern wir unseren Aufenthalt auf diesem Campingplatz nochmal um zwei Nächte. Es ist einfach zu schön hier.

 

Heute wollen wir aber wirklich mal nicht so viel gehen und dafür mehr fotografieren. Wir suchen uns als Spot daher den Rändåfallet, einen Wasserfall etwa ein halbe Stunde Autofahrt entfernt. Am Parkplatz angekommen schnappen wir etwas Reiseproviant und unser Equipment und laufen los. Und tatsächlich: Der Weg ist durchaus begehbar, geht nur leicht bergan immer am Fluss Rändan entlang und nach etwa 1km sind wir schon am Ziel. Muss ja auch mal was klappen!

Nun kommt die volle Packung: Kameras, Stative, Filtersysteme für Langzeitbelichtungen - alles wird aufgefahren. Clemens macht Weitwinkelaufnahmen mit dem 24-70mm, Annika versucht sich mit ihrem Lieblingstele, dem 70-200mm. So schaffen sie es mal wieder mit dem gleichen Motiv unterschiedliche Blickwinkel einzufangen. Und, oh Wunder, auf keinem Foto ist James drauf (ihn über die rutschigen Steine klettern zu lassen, wäre einfach zu gefährlich gewesen). Der macht es sich derweil stattdessen zur Aufgabe, nahezu alle der mindestens 1 Million Tannenzapfen anzuschleppen. So vergehen 1 ½ Stunden wie im Flug.

Beim Weg zurück zu Wauzi fällt uns dann noch ein Baum ins Auge, der ganz klar Spuren eines Bären trägt. Die Rinde ist geradezu abgerissen. Sie sind also da… irgendwo…

Auf dem Rückweg gibt es den bereits routinemäßigen Stopp in Hede beim ICA, um für das Abendessen einzukaufen. Auf dem Plan steht mal wieder ein Rezept für den (Nicht)Omnia-Campingofen, Annikas Lieblingsspielzeug in der Campingküche. Dann fahren wir zurück zum Platz. Lange ist es schließlich nicht mehr hin bis zum Sonnenuntergang.

 

Unterwegs sind wir doch etwas irritiert, dass das Fahrzeug vor uns offen einen frisch erlegten Elchbullen auf seinem Anhänger liegen hat, die Beine schlackern im Takt der Schlaglöcher und irgendwie finden wir die Szenerie sehr würdelos für ein so majestätisches Tier.

Der weitere Abend verläuft recht ereignislos, abgesehen von dem Moment, an dem tatsächlich ein weiteres Wohnmobil auf den Platz fährt. Unsere geschickte Positionierung und unsere Stoßgebete sind dabei sehr hilfreich, denn der andere Parkt auf einem Platz weiter oben und versperrt uns nicht die Sicht auch den Fluss. Glück gehabt.

 

Der Hund geht noch ne kleine Runde schwimmen, wir waschen noch ne Ladung Wäsche. Statt des geplanten Mahls, gibt es zum Abendessen doch nur Rest, da es doch schon relativ spät geworden ist und es außerdem leise angefangen hat zu regnen (da macht draußen kochen nicht so viel Spaß). So können wir uns morgen auf Kassler in Honig-Senfsauce freuen.

 

21.10.2024

Über Nacht zieht kräftiger Wind auf und obwohl es nicht kalt ist, ist es recht ungemütlich. Das sorgt dafür, dass alles etwas gemächlicher abläuft. Gegen Mittag machen wir uns aber doch auf den Weg. Annika hat ein Naturreservat in der Nähe von Hede entdeckt, den Hede Urskoven, das wir gemeinsam erwandern wollen. Die Aufgabe ist überschaubar, da der Rundweg nur knappe 2km umfasst und auch keine großen Steigungen zu erwarten sind.

 

Der einzige, der sich darüber nicht so sehr freut, ist der Hund, dem die Herausforderungen der letzten Tage ziemlich gut gefallen haben. Die Bäume des Waldes sind zwischen 200 und 250 Jahre alt und sehr beeindruckend. So schlendern wir über steinige Pfade mit viel Moos und lassen unsere Blicke immer wieder nach oben wandern, da wir immer noch daraus hoffen, den einen oder anderen Kauz zu finden. Leider vergeblich. Den Weg genießen wir trotzdem, sind nur einmal etwas irritiert, als James während einer Fotopause in die Tiefen das Waldes starrt und dabei tief und bedrohlich knurrt. Wir vergegenwärtigen uns noch einmal, dass es auch in dieser Gegend durchaus Bären geben kann und hoffen, dass nicht gleich einer um die Ecke kommt.

 

Auch wenn das Sichten eines Bären fotografisch ein Highlight wäre, können wir bei genauerer Überlegung auch gut darauf verzichten. Es könnte schließlich zu Verständigungsproblemen kommen, bei denen der Bär dann im Vorteil sein könnte.

Auf dem Rückweg achten wir wieder auf die Seitenstreifen und hoff, noch einmal Auerhühner zu sehen. Auch dies vergebens. Auf dem nach Hause Weg fahren wir dann ganz untypisch an „unserem“ ICA vorbei, da die Zutaten für unser Abendessen ja bereits in unserem Kühlschrank sind.

 

Da das Licht zur goldenen Stunde noch einmal alles gibt, gehen wir runter zum Steg und drehen noch ein Youtubevideo zum Thema Perspektiven.

 

Hungrig von der frischen Luft machen wir uns dann gleich an das Kochen. Es schmeckt einfach köstlich und erinnert ein bisschen an „Julskinka“, den schwedischen Weihnachtsschinken, der mit Honig-Senkfkruste gebacken wird. Satt und zufrieden beschließen wir den Tag, schauen noch eine Kleinigkeit fern und schlummern dann seelig ein.

22.10.2024

Heute heißt es Abreise von unserem Traumplatz. Es fällt allen sichtlich schwer und Clemens versucht im gigantischen Licht der aufgehenden Sonne noch die restliche Zeit auszunutzen und sein Fotoglück auf dem Ljusnan bei den Enten und Gänsesägern zu versuchen. Mit Erfolg diesmal.

Aber dann müssen wir endgültig los. Gegen 11 Uhr machen wir uns auf gen Süden. Mora ist das Ziel. Allerdings machen wir noch einen Umweg. Da Annika davon träumt Rentiere zu sehen und auf Google ein „Rentier-Spot“ südlich vom Sonfjellet ausgezeichnet ist, machen wir uns dorthin auf den Weg. Nachdem wir in den vergangenen Tagen so gar kein Glück damit hatten, irgendwelche Tiere zu sehen, geschweige denn vor die Kameras zu bekommen, ist unsere Hoffnung nicht sehr groß. Obwohl… irgendwann müssen doch auch wir einmal Glück haben!

 

Die Enttäuschung ist groß, als wir zwar Rentiere sehen, diese sich aber in einem eingezäunten Gebiet befinden. Denn, a sind wir uns einig, eingezäunt gilt nicht (dann kann man ja auch in einen Tierpark gehen), sie müssen schon frei leben. Wir fahren trotzdem weiter und kommen an einer sehr großen Anlage vorbei, zum Zusammentreiben der Rentiere. Doch sieh an, ein kleines Stück weiter entdecken wir zwei Rentiere, die außerhalb des Gatters unterwegs sind und auch die Straße kreuzen. Also werden die langen Linsen herausgeholt und so gut es geht fotografiert. Das eigentliche Highlight an diesem Ort, ist jedoch, dass wie einen Unglückhäher erspähen. Er fliegt direkt vor Wauzi über die Straße und lässt sich dann kurz auf einer Kiefer nieder. Wir rufen unisono: „Ein Unglückshäher“! Leider verschwindet er recht schnell in der Weite der Landschaft und lässt sich auch nicht mehr blicken.

Da wir noch ein paar 100km vor uns haben, geben wir die Suche auf und fahren weiter in Richtung Mora. Nach einer guten Halben Stunde ruft Annika plötzlich: „Da vorne auf der Straße!“ Ca. 50m vor uns tummelt sich ein gutes Dutzend Rentiere auf und neben der Straße und lässt sich von nichts stören. Wir fahren sofort rechts ran und setzen den Warnblinker, bevor wir aussteigen für eine Fotosession.

 

Wir können die Tiere lange beobachten beim Fressen, Rangeln und Schweinkram machen. Selbst andere Autos, die langsam aber bestimmt durch die Gruppe hindurch fahren, stören sie nicht. Sie gehen kurz zur Seite, nur um sofort danach wieder die Straße einzunehmen. Ein tolles Schauspiel. Irgendwann sind die Tiere jedoch des Modelns müde und ziehen so schnell von dannen, wie sie gekommen waren.

Glückselig fahren wir weiter, kurz darauf kreuzt noch einmal eine kleinere Gruppe die Straße, verschwindet aber sofort wieder im Wald. Nun aber Endspurt Richtung Mora. Die weitere Fahrt verläuft unspektakulär, es geht über Stunden immer nur geradeaus. In Älvsdalen kaufen wir noch kurz ein. Eigentlich wollten wir in Mora essen gehen, allerdings hat der ausgesuchte Thai nur mittags auf. Egal, dann kochen wir uns unser Thaicurry eben selbst!

 

Es ist schon nach Sonnenuntergang, als wir endlich auf dem Campingplatz ankommen. Wir bekommen einen schönen Platz mit Seeblick, drehen noch eine kleine Runde mit James, der heute deutlich zu kurz gekommen ist und machen uns dann ans Kochen. Parallel müssen wir aber natürlich in unsere Bilder schauen. Dann wird zu Abend gegessen. James bekommt eine extra für Ihn gekochte Portion Huhn mit Möhre und Blumenkohl, die er mehr als gerne auffrisst und zum Nachtisch eine „Hunde-Zimtschnecke“. Wir genießen derweil unser Thaicurry.

Dann diese Zeilen geschrieben und es ist Zeit zu schlafen.

23.10.2024

Wieder steht ein Fahrtag auf dem Programm. Es geht von Mora nach Mariestad. Wieder haben wir uns, wie bereits in Rättvik und Mora, ein „Firstcamp“ ausgesucht. Diese Campingplatzkette verheißt eine ordentliche Anlage mit allen Annehmlichkeiten und ist trotz der Größe um diese Jahreszeit nicht überlaufen. Außerdem ist Annika mittlerweile Mitglied im „Firstcamp-Club“ und wir bekommen daher einen kleinen Rabatt auf den Stellplatz, auf Wunsch einen Kaffee gratis beim Einchecken und können eine Stunde später als üblich auschecken.

 

Die Fahrt selbst ist unspektakulär. Man merkt auf den gut 300km jedoch, dass man, je weiter man nach Süden fährt, Schweden umso besiedelter wird. Auch die Natur ist noch nicht so weit, hier schimmern die Blätter noch in den buntesten Herbstfarben.

 

Einen kleinen Kaffeestopp legen wir ein, es weht allerdings ein so kalter Wind, dass wir es nicht lange auf der Picknickbank aushalten und wieder in das warme Wauzi fliehen. Nur der Hund fühlt sich mal wieder voll in seinem Element, liegt der Rastplatz doch mal wieder an einem See.

Für uns sehr ungewöhnlich, steuern wir heute mal keinen ICA an. Wir haben uns vorgenommen, in Mariestad essen zu gehen – natürlich auf Wunsch eines einzelnen Herren zum Inder.

 

Der Campingplatz entspricht unseren Erwartungen und wir bekommen einen Platz etwas abseits am See. Zwar ist es bis zum Servicehaus eine ganze Ecke zu laufen, dafür beginnt keine 20m neben unserem Wauzi ein kleines Naturschutzgebiet mit einem Rundwanderweg. Und wir haben mal wieder weit und breit keine Nachbarn.

Da Clemens heute mal gefahren ist, hat er sich nach Ankunft eine Pause verdient. Während er sich ein bisschen hinlegt, schnappt Annika sich den Hund und erkundet das Naturschutzgebiet. Der Weg ist nicht lang, gerade mal gute 30 Minuten brauchen die beiden, aber er führt an sehr alten Eichen vorbei, die mit ihrem roten Laub fantastisch aussehen. Und auch der Blick über die Bucht vom Vänern zum Dom von Mariestad ist wunderschön.

Als die beiden zurückkommen, machen sich alle bereit für den Stadtausflug. Zum Laufen wäre es zu weit, daher suchen sie einen WoMo-geeigneten Parkplatz in der Nähe der Innenstadt und laufen von dort die wenigen 100m zum Restaurant.

 

Das Essen ist köstlich! Allerdings könnte man, wenn hinter dem Gericht in der Speisekarte 5 (in Worten: F Ü N F) Chilischoten abgebildet sind, vielleicht auf die Idee kommen, dass das Essen etwas scharf sein könnte. Selten hat Annika Clemens so leiden sehen. Ihr Mitleid hält sich allerdings in Grenzen. So kommt es, dass Clemens nach dem Inder doch noch zum ICA gegenüber geht und sich eine Packung Eis zum Zunge kühlen holt!

Dann bricht die letzte Nacht in der relativen Abgeschiedenheit an. Morgen geht es weiter nach Halmstad, wo wir einen Stellplatz in der Stadt direkt am Fluss Nissan haben werden. Aber daran wollen wir noch nicht denken und genießen noch ein letztes Mal die wunderbare Ruhe am Vänern.

24.10.2024

Die Alten brauchen wieder ewig, bis sie in Gang kommen. Während Papa noch vom Inder schwärmt – von dem ich nichts abbekommen habe!!! – ist Mama irgendwie weniger begeistert. Sie behauptet, ihr wäre das ganze auf dem Magen geschlagen. Selbst schuld, sie hätte es ja auch mir geben können. Mir wäre es mit Sicherheit fantastisch bekommen!

 

Irgendwann bequemen sie sich dann doch und gehen eine Runde mit mir spazieren. Ist zwar die gleiche wie gestern alleine mit Mutti, aber egal. Es duftet hier so gut nach allem möglichen, da will ich mal nicht so sein.

 

Warum wir aber dann wieder mit dem rollenden Kennel losmüsse, wissen wohl nur die Hundegötter und meine Alten. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir hier ruhig noch eine Weile bleiben können, es gibt schließlich noch sooo viele Bäume, an denen ich noch ne Nachricht hinterlassen wollte. Aber ich habe hier natürlich wie immer nichts zu sagen.

 

Die Fahrt dauert dann wieder ewig, aber immerhin rumpelt und ruckelt es nicht mehr so doll, wie die Tage zuvor. Endlich haben die Alten Hunger und halten mal an. Und siehe da, es gibt sogar reichlich Stöckchen hier. Na, da werde ich Papa mal ordentlich nerven und ihn zum Spielen zwingen. Bei der strengen Mutti brauche ich sowas meist gar nicht versuchen, aber den Papa, den bekomme ich immer um meine kleine Pfote gewickelt.

 

Man glaubt es kaum, aber die Alten kaufen dann schon wieder etwas ein und wieder ist nichts für mich dabei. Wo ist PETA, wenn man sie braucht? Mama hat sich komische Leckerli besorgt. Die sollen für morgen sein. Für irgendein Schiff… machen wir nun auch noch ne Kreuzfahrt?

Und weiter geht es. Wieder vergeht eine gefühlte Ewigkeit. Als endlich die Tür vom Kennel auf geht, bin ich entsetzt! Was ist das??? Asphalt? Keine Bäume? Und dieser Lärm! Wo haben die mich hin verschleppt??? Wenn ich mir die letzten Tage vorstelle, schwant mir bei dieser grauen Hölle nichts Gutes. Es soll doch wohl nicht nach Hause gehen? Also wenn ich mir was aussuchen dürfte… aber das darf ich ja wieder nicht.

 

Immerhin geht es dann doch nochmal ne Runde raus. Der Untergrund ist zwar nicht so schön unter meinen Pfoten, aber an spannenden Gerüchen mangelt es hier auch nicht. Allerdings muss man immer wieder zur Seite springen, um nicht von Menschen auf so komischen Autos, die nur zwei Räder haben und auch keine Türen oder so und auch keinen solchen Lärm machen wie Autos, überfahren zu werden.

Die Ungerechtigkeit erreicht ihren Höhepunkt, als Mama und Papa sich eine so lecker duftende Zimtschnecke teilen, wobei sie vom Teilen natürlich mal wieder keine Ahnung haben. Angeblich ist Zimt nicht gut für kleine Hunde. Immerhin lässt Mama mich etwas von ihrer Sahne auf dem Kaffee schlecken.

Dann geht es wieder in unseren Kennel. Die Alten spielen irgendetwas und ich lasse den Tag bei geschlossenen Augen noch einmal an mir vorbeiziehen. Schließlich muss ich ja alles noch in diesem Tagebuch genau aufschreiben. Morgen soll es wohl fürchterlich früh weitergehen, von daher werde ich dann jetzt auch mal schlafen gehen.

25.10.2024

„Aaaauuuufsteheeeen, es ist 6 Uhuuuuurr!“ schreit uns der Wecker an. Draußen ist alles dunkel und in den nachbarmobilen regt sich nichts. Wir vermuten also, dass wir die einzigen auf dem Stellplatz sind, die mit der frühen Fähre nach Grenaa fahren. Spätestens um 7.10 Uhr müssen wir einchecken, gerne etwas früher.

 

Da der Weg sehr unübersichtlich ist und über ein weitverzweigtes Hafengebiet geht, auf dem schon reichlich LKW-Verkehr ist, machen wir uns rechtzeitig auf den Weg, auch wenn dieser eigentlich rechts kurz ist. Schon nach 5 Minuten sind wir beim Check-In und können nach kurzer Pause auf der Wartespur aufs Schiff. Das wäre also geschafft. James bleibt während der Überfahr im Auto – der hat es gut, kann er sich doch gemütlich auf dem Fahrersitz zusammenrollen und noch ein bisschen schlafen.

Wir machen uns derweil auf den Weg an Deck und schauen in den trüben Morgennebel. Als das Schiff dann abgelegt hat, beschließen wir etwas zu frühstücken. Clemens isst ein Krabbensandwich mit Ei, Annika ein Käsesandwich. Dazu bekommen wir den Kaffee des Todes! Heißer Teer kann nicht schlimmer schmecken – bitter und sauer zugleich. Es fällt schwer, die Tassen zu leeren. Dafür sind die Sandwiches hervorragend.

 

Für den Rest der Fahrt sitzen wir in einer Lounge am Bug und vertreiben uns die Zeit mit Lesen, Dösen und ins graue Nichts starren. 

Nach 4 ½ Stunden erreichen wir dann den Hafen von Grenaa. Die Fahrt von dort nach Hause verläuft unspektakulär. Bis auf einen Stopp in Vejle, wo wir leckere Hapser Sandwiches bei Kokkens Pølsevogne am Hafen essen (butterzarter Schweinebraten mit Kruste in kleine Stücke zerteilt und in Brot verpacke, dazu verschiede Soßen zum Selbstbedienen) und der Hund natürlich auch was abbekommt, geht die Fahrt glatt durch bis Roikier.

Zu Hause angekommen stellen wir fest, dass unser Nachbarhaus nicht mehr steht. Immer mal was Neues. Dafür empfängt uns Bau- und Maschinenlärm. Außerdem steht auf unserer Auffahrt ein Anhänger, so dass wir Wauzi provisorisch bei den Nachbarn gegenüber parken müssen/dürfen und von dort auch ausräumen müssen. Und wer hätte das gedacht? Der eigens für den Tripp neu angeschaffte Klapphocker hat es tatsächlich auch wieder in die Heimat geschafft! Juhuuuu!!

Epilog

 

Das Aufstehen gestern um 6 Uhr war eine wahre Zumutung. Da wir heute allerdings um 9 Uhr bereits in Lübeck sein müssen, toppen wir das ganze noch. Diesmal klingelt der Wecker um 5.30 Uhr. Noch etwas verschlafen steigen wir ein letztes Mal in unser rollendes Wohnzimmer und begeben uns auf den Weg. Und siehe da, obwohl es extrem neblig ist und die Strecke bis zur Autobahn so kein Vergnügen, kommen wir doch rechtzeitig an und können den Wagen wir vereinbart übergeben.

 

Nun gilt es noch zu beichten, dass wir Wauzi von außen etwas „umdekoriert“ haben… An einer Tankstelle hatte Annika die Kurve etwas zu eng genommen und dabei einen Teil der Plastikverkleidung an der Seite demoliert. Der Schaden ist nicht erheblich, der Kratzer in Annikas Ego dagegen schon. Immerhin stand die Tanksäule noch… Der Vermieter nimmt es mit Gelassenheit und versichert uns, dass wir Wauzi trotzdem auch in Zukunft leihen dürfen. Glück gehabt.

 

 

Dann besteigen wir den Benz von Clemens und fahren von dannen… Aber eines ist gewiss, Wauzi und wir sehen uns wieder!

ENDE

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